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Breite Gänge, optisch ansprechend und mit viel Raum zum Testen: Der Drogeriemarkt der Zukunft muss mehr als Standard bieten. Individuelle Einaufserlebnisse rücken in den Vordergrund.
Der typische Drogeriemarktkunde ist schwer zu fassen. „Die meisten Händler haben sich inzwischen von der Idee des ‚Durchschnittskunden‘ verabschiedet“, sagt Mark Sievers, Leiter Consumer Markets bei der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Im Drogeriemarktsektor gehe es vielmehr darum, sich auf die unterschiedlichsten Kundenbedürfnisse einzustellen und die Formate entsprechend anzupassen. Das bestätigt auch Budni-Geschäftsführer Christoph Wöhlke: „Jeder unserer Kunden ist einzigartig. Darum sind unsere Geschäfte auch je nach Straße und Viertel individuell auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten.“
Frauenanteil: 81,2 Prozent
Bei Drogeriemarktbetreiber Rossmann haben sich die hauseigenen Marktforscher dennoch die Mühe gemacht, den eigenen Kunden einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. „Die Rossmann-Kundschaft hat mit 81,2 Prozent einen höheren Frauenanteil als der Lebensmitteleinzelhandel mit 75,5 Prozent“, so Rossmann-Sprecher Stephan-Thomas Klose. Außerdem zählten überdurchschnittlich viele Familien mit Kindern zu den Kunden. Weiteres Ergebnis: Die Rossmann-Kundschaft ist im Schnitt 39 Jahre alt, und damit etwas jünger als der Gesamtmarkt. Und: Die 30- bis 39-Jährigen geben am meisten Geld bei Rossmann aus. Dennoch ist die größte Kundengruppe die Generation 60 plus. Weiteres Merkmal: „Unsere Kunden sind überdurchschnittlich gesundheitsbewusst und etwas markenaffiner als der durchschnittliche Kunde“, sagt Klose.
Kunden: sehr zufrieden
Ansonsten ist über den typischen Drogeriemarktkunden bekannt, dass er durchaus treu ist: Studien aus dem Hause TNS Infratest belegen, dass die Kundenbindung im Vergleich zum gesamten Einzelhandel besonders hoch ist. Ähnliche Bestwerte erhält die Branche in der Kundenzufriedenheit: Umfragen wie der Kundenmonitor Deutschland belegen Jahr für Jahr, dass die Verbraucher mit den Drogeriemärkten besonders zufrieden sind. 2012 erhielt die Branche erneut das Gesamturteil „sehr zufrieden“. Besonderer Pluspunkt: die Beratung. In einer Umfrage des Marketingunternehmens „Die Gefährten“ gaben 70 Prozent aller befragten Verbraucher an, die Beratung in Drogeriemärkten „sehr gut“ zu finden, 30 Prozent fanden sie „gut“. Das erklärt laut Sievers auch, wieso viele Verbraucher überhaupt die Einkaufsstätte LEH wechseln, um Duschgel, Deo und Co. zu kaufen. „Überspitzt formuliert: Verbraucher kaufen eher Lebensmittel im Drogeriemarkt als Drogeriewaren im Lebensmittelhandel“, erklärt Sievers. Auf ihren Lorbeeren ausruhen können sich die Drogeriemärkte trotzdem nicht. Denn: Die Deutschen werden immer weniger. Die reine Volumennachfrage nach Drogeriewaren müsste somit tendenziell schrumpfen. „Warenverfügbarkeit alleine reicht schon heute nicht mehr aus“, sagt Sievers. Stattdessen gehe es darum, die Einkaufsstätte zum Erlebnisort zu machen und sich durch neue Konzepte vom Wettbewerb abzuheben (siehe Kasten S.12). „Der Handel muss eine
eigene attraktive Identität enwickeln,um die Kundenbindung zu erhalten“, bestätigt Rainer Pfuhler, Marketingleiter bei Rheingold.
Online-Handel hat Potenzial
Außerdem bestehe laut Experten ein großes Interesse seitens der Konsumenten, Drogeriewaren online zu kaufen – ein Geschäftsfeld, in dem sich die Drogeriemarktunernehmen bislang nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben. „Betriebswirtschaftlich schwierig“ – so die aktuelle Einschätzung von Rossmann, dm und Co. Dabei haben die Drogeriemärkte im Vergleich zum Lebensmittelhandel einen entscheidenden Vorteil: Ihre Waren sind gut zu transportieren und nicht so leicht verderblich. Hinzu kommt: Die Konkurrenz schläft nicht. Nach einer Umfrage des IFH (Institut für Handelsforschung) haben bereits 63,3 Prozent aller Konsumenten Drogeriewaren im Internet bestellt, beispielsweise auf Plattformen wie Flaconi, Amazon oder Douglas. „Viele Händler gehen mit zu kurzfristigen Profitabilitätszielen an das Thema heran“, skizziert Sievers das Problem. Um mit E-Commerce Geld zu verdienen, brauche es neben einer überzeugenden Strategie auch Zeit und Geduld. Sein Tipp an die Drogeriemärkte: schnell handeln, um online nicht den Anschluss zu verpassen. Und zwar nicht mit einem Schmalspur-, sondern einem Vollsortiment, das idealerweise sogar mehr Produkte als der stationäre Handel führt – und vergleichbare Preise bietet. Für den stationären Handel sieht er die Zukunft vor allem in Erlebnis- und Citykonzepten. Dabei könnten die Drogeriemärkte durchaus dem Food-Handel nacheifern: „Es muss nicht immer groß sein, auch Small-Marts, ähnlich den City- oder To-go-Märkten im LEH haben Potenzial“, so Sievers.