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Das Interesse an Insekten als Nahrung der Zukunft wächst auch in Deutschland. Der Weg in den Supermarkt muss allerdings noch vom Gesetzgeber geebnet werden.
„Gegrillter Kürbis auf Radiccio, garniert mit heimischen Grillen und Heuschrecken“, „Heimchenlaibchen mit Salat und Sauce“ oder „Mehlwurm im Hemd“, Insekten auf dem Teller: Was bei zartbesaiteten Konsumenten heftige Ekelgefühle auslöst, ist für andere ein exotisches Geschmacksabenteuer. Allgemein rücken Insekten als Nahrungsquelle der Zukunft zunehmend in den Blickpunkt, auch wenn ihr Verzehr in Europa im Unterschied zu anderen Teilen der Welt keine kulturelle Tradition hat.
Nachhaltige Vorteile
Allerdings haben sie viele Vorteile: Insekten gelten als kostengünstig und ressourcenschonend. In der Haltung und Züchtung sind sie platzsparender als andere Nutztiere, verbrauchen kaum Trinkwasser, können Nahrung effizienter als wechselwarme Tiere umwandeln, um die Körpertemperatur zu halten, und verursachen somit im Vergleich wesentlich geringere CO2-Emissionen. Aus ökologischer Sicht spricht also viel für Insekten. Für die Verbraucher könnten sie zu einer wichtigen Proteinquelle werden, die außerdem noch ungesättigte Fettsäuren, Mineralien und Vitamine liefert. Wenn in der westlichen Welt mehr Insekten gegessen würden, hätte das positive Auswirkungen auf den Klimawandel und auf die Lebensmittelverknappung in der Dritten Welt, bestätigt eine Studie der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN (FAO) von 2013.
Während man beim BVLH allerdings die Zukunft dieses Nahrungsmittels in Europa aus ernährungspsychologischer Sicht eher skeptisch beurteilt – zumindest als neuer Ernährungsstandard, zeigen sich die Verbraucher in Deutschland doch recht aufgeschlossen. Ethisch motivierter Konsum ist hierzulande noch Neuland, doch das Interesse an alternativen Nahrungsmitteln aus regionaler und nachhaltiger Produktion steigt stetig. Laut einer Nestlé-Studie können sich bereits gut 50 Prozent der Deutschen vorstellen, zukünftig Insekten zu essen. Und die, die sie bereits probiert haben, sind vom nussigen und knusprigen Geschmackserlebnis überzeugt.
Kochen mit Insekten
So hat beispielsweise das österreichischen Handelsunternehmen und MARKANT-Mitglied Kastner gerade mit Kunden einen Kochkurs dazu durchgeführt und ist überrascht von der positiven Resonanz. Halte das Interesse der Verbraucher bei neuen Kursangeboten im nächsten Jahr an, so werde man über entsprechende Sortimentserweiterungen nachdenken, so der Geschäftsführende Gesellschafter Christof Kastner (siehe Interview).
Auf Insekten-Food spezialisiert hat sich Online-Händler Folke Dammann (snack-insects.com). Er ist überzeugt, dass die Insekten künftig auch abgepackt im Supermarktregal landen werden. Derzeit beliefert er seine Kunden – Gastronomen und Privatkunden mit der aus Belgien und den Niederlanden bezogenen Ware über drei Online-Shops und verschiedene Wiederverkäufer, überwiegend aus Deutschland übrigens. Damit auch der Lebensmittelhandel künftig dieses Angebot ins Sortiment integrieren kann, sei aber eine eindeutige und vor allem EU-weit geltende Gesetzgebung notwendig: „Momentan ist das industrielle Verarbeiten von Insektenbestandteilen in Deutschland nicht erlaubt. Mit ganzen Insekten – die gängigen lebensmittelrechtlichen Vorgaben entsprechen – ist dies unproblematisch“, unterstreicht der Insekten-Experte. Eine Gesetzesänderung auf EU-Ebene sei allerdings schon auf den Weg gebracht worden.
Steigende Akzeptanz
Diese industrielle Verarbeitung von Insekten, so das Ergebnis einer Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung BfR, könnte der Schlüssel dafür sein, dass Insekten hierzulande bei größeren Bevölkerungsschichten auf höhere Akzeptanz stoßen. Die Mehrheit der Befragten vermutet im Verzehr von Insekten jedenfalls keine gesundheitlichen Risiken – wäre da nicht diese psychologische „Ekel-Barriere“, Insekten zu verzehren. Wäre durch die Verarbeitung die typische Erscheinungsform von Speiseinsekten nicht mehr gegeben, beispielsweise bei Insektenmehl, so würde die Hemmschwelle für diese neuartigen Lebensmittel deutlich sinken. Die größte Akzeptanz für Insekten als Lebensmittel liegt laut BfR übrigens bei gebildeten, urbanen Männern zwischen 18 und 30 Jahren.