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Das Berliner Start-up Neggst hat das erste komplett vegane Ei samt Schale entwickelt. Das Markant Magazin ONE hat mit Geschäftsführerin Verónica García-Arteaga darüber gesprochen, wie sie mit dem Zwei-Komponenten-Ei dem Markt der pflanzlichen Alternativen eine neue Dimension verleihen will und Schluss machen möchte mit unbefriedigenden Kompromissen.
Frau García-Arteaga, welche Idee steckt hinter Neggst?
Verónica García-Arteaga: Zunächst einmal ist Neggst das erste komplette vegane Ei. Wir haben es geschafft, die Äquivalente zum pflanzlichen Eigelb und Eiklar so zu entwickeln, dass die beiden Komponenten sich nicht miteinander vermischen – es sei denn, man möchte es. Die Eigelbkugel wird dabei durch die charakteristische Dotterhaut stabilisiert. Damit verfolgen wir die Idee, Wissenschaft und Nachhaltigkeit mit dem Genuss traditioneller Eiergerichte zu kombinieren.
Was treibt Sie dazu an?
Verónica García-Arteaga: Die Nachbildung eines so komplexen Produkts wie des Hühnereis ist eine enorme Herausforderung, als Lebensmittelwissenschaftlerin macht mir aber genau dies Spass. Hinzu kommt, dass wir ein Produkt schaffen, welches einen positiven Einfluss auf Tierwohl, Umwelt und Gesundheit der Konsumenten hat. Sich das vor Augen zu führen, ist immer wieder motivierend.
Warum haben Sie sich auf Ei-Alternativen spezialisiert?
Verónica García-Arteaga: Ei-Ersatz-Produkte gibt es inzwischen schon ein paar Jahre. Diese sind jedoch eine vage Annäherung – und keine wirkliche Alternative. In puncto Geschmack, Optik, Konsistenz und Nährwerte haben diese mit dem klassischen Hühnerei nur wenig gemein. Zudem bieten die bisherigen «Alternativen» nicht die Vielseitigkeit in der Anwendung, für die das Hühnerei so beliebt ist. Das wollen wir mit Neggst nun ändern.
Woraus besteht die Ei-Alternative?
Verónica García-Arteaga: Neggst basiert auf einer Mischung von Hülsenfruchtproteinen, pflanzlichem Öl und Süsskartoffel. Zudem haben wir Nährstoffe hinzugefügt, wie zum Beispiel Vitamin B12, die auch in Hühnereiern enthalten sind. Bei den Rezepturen setzt Neggst auf natürliche Zutaten wie Süsskartoffel, Ackerbohne und Schwefelsalz. Auf Cholesterin, Soja oder Konservierungsstoffe wird verzichtet. Die Schale besteht aus einem biologisch abbaubaren Bioplastik und Calciumcarbonat.
Das Ei der Zukunft steckt in einer biologisch abbaubaren Schale?
Verónica García-Arteaga: Ja – und diese Hülle hat einen entscheidenden Vorteil. Sie schützt den Inhalt vollständig vor Keimen, Luft und Austrocknung, wodurch Frische und Haltbarkeit auch ohne Konservierungsmittel sichergestellt werden.
Wie lange dauerte die Entwicklung?
Verónica García-Arteaga: Am Fraunhofer Institut habe ich zwei Jahre am veganen Ei gearbeitet, aber in der Forschung hört die Entwicklung nie richtig auf. Wir sind ständig dabei das Rezept weiter zu entwickeln und zu optimieren. Dennoch haben wir mittlerweile Rezepte, mit denen wir sehr zufrieden sind.
Woher nehmen Sie Wissen und Kompetenz für die Entwicklung?
Verónica García-Arteaga: Ich bin studierte Lebensmittelwissenschaftlerin/-technologin und habe in diesem Bereich auch an der Universität in München promoviert. Unser Team besteht überwiegend aus Lebensmitteltechnologen. Ohne diesen Hintergrund wäre es wahrscheinlich nicht möglich, ein so komplexes Produkt wie ein pflanzenbasiertes Ei zu entwickeln.
Was gab letztlich den Anstoss, ein Start-up zu gründen?
Verónica García-Arteaga: Während ich das pflanzenbasierte Ei entwickelte, wurde schnell klar, dass es eine echte Innovation ist – ein komplett neues Produkt, das es so bisher noch nicht gab. Nachdem sich bereits Milch- und Fleischalternativen erfolgreich auf dem Markt etabliert haben, stellen pflanzenbasierte Eier die nächste grosse Alternativ-Produktkategorie dar. Dabei ist es unser Ziel, die Massentierhaltung in die Geschichtsbücher zu verbannen, und wir arbeiten konsequent daran, dieses Ziel Schritt für Schritt zu erreichen – quasi ein Bissen nach dem anderen.
Sie haben 2021 das Start-up gegründet. Konnten Sie Investoren hierfür begeistern?
Verónica García-Arteaga: Neggst wurde in 2021 gemeinsam mit unserem Lead Investor, dem Green Generation Fund in Berlin, gegründet. Im vergangenen Jahr konnten wir in unserer Seed Runde unter anderem auch die BayWa AG und die Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main eG (RWZ) als weitere Investoren gewinnen.
Wer ist die Zielgruppe?
Verónica García-Arteaga: Oft wird angenommen, dass unsere Zielgruppe ausschliesslich aus Veganer:innen besteht. Dem ist aber nicht so. Denn wir sprechen wir in erster Linie die Flexitarier:innen und auch alle anderen Konsumenten an, die sich bewusster ernähren möchten und in dem Kontext einen positiven Beitrag zum Tierwohl und zur Umwelt leisten wollen.
Wo ist die Ei-Alternaitve erhältlich?
Verónica García-Arteaga: Sie wird noch in diesem Jahr für den Foodservice verfügbar und über Grosshändler beziehbar sein.
Wie verkaufen Sie das vegane Ei – im handelsüblichen Eierkarton?
Verónica García-Arteaga: Ja, der 10er-Eierkarton ist eine Möglichkeit, wir evaluieren aktuell aber auch noch verschiedene andere Verpackungsmöglichkeiten.
Welche Absatz- oder Umsatzziele haben Sie sich gesetzt?
Verónica García-Arteaga: Das lässt sich so konkret noch nicht beziffern, wir planen aber einen signifikanten Anteil an Hühnereiern mit pflanzenbasierten Eiern zu ersetzen.