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Wenn Fisch auch künftig für alle reichen soll, müssen neue Quellen her. Die Fischindustrie arbeitet mit Hochdruck daran, nachhaltige Wege zu erschliessen.
Wenn es nach der Deutschen Gesellschaft für Ernährung geht, sollte Fisch mindestens einmal pro Woche auf dem Speiseplan stehen. Die Ernährungsexperten haben bei ihrer Empfehlung vor allem seinen Gesundheitswert im Blick, denn Fisch ist eine wichtige Quelle für zahlreiche lebenswichtige Inhaltsstoffe. Doch die Ressource ist endlich. Laut Fischereibericht der Welternährungsorganisation (FAO) aus dem Jahr 2020 gelten etwa 34 Prozent der kommerziell genutzten Bestände weltweit als überfischt: Sie befinden sich ausserhalb «sicherer biologischer Grenzen», ihre Erholung wäre also selbst bei einem sofortigen Fangstopp unsicher. Weitere 60 Prozent gelten als «maximal wirtschaftlich befischt». Nur rund sechs Prozent aller Bestände gelten als «unterfischt». Trotzdem halten die Wissenschaftler und Experten, die von Marine Stewardship Council (MSC) und Aquaculture Stewardship Council (ASC) befragt wurden, einen vollständigen Verzicht für unnötig. Allerdings sollte Fisch als Delikatesse angesehen und bewusst konsumiert werden. Wichtig sei es in jedem Fall, beim Kauf von Fisch und Meeresfrüchten auf ihre nachhaltige Herkunft zu achten.
Nachhaltige Aquakultur
Fisch aus nachhaltiger Aquakultur kann eine Möglichkeit sein, den Hunger der Weltbevölkerung auf Fisch zumindest anteilig zu decken. Die Fischverarbeiter verfolgen dabei unterschiedliche Strategien. «Die stetig wachsende Konsumentennachfrage nach Fisch aus nachhaltig bewirtschafteten Fischereien ist alleine aus Wildfangquellen nicht zu bedienen», sagt Alfred Jansen von Iglo. Künftig wird das Unternehmen, das seinen Fisch derzeit ausschliesslich aus Wildfang bezieht, deshalb sein Angebot um Fisch aus ASC-zertifizierten Aquakulturen erweitern. Auch bei Frosta wird Fisch aus Aquakultur künftig eine grössere Rolle spielen als bisher. «Da die Bestände in den Weltmeeren nicht mehr wachsen und die Fangquoten zum Schutz der Bestände sinken, wird Fisch aus zertifizierter hoch qualitativer Aquakultur auch bei uns zunehmend relevanter», sagt Friederike Ahlers. Followfood hat nach eigenen Angaben aktuell zirka 40 Wildfisch- und 12 Aquakulturprodukte im Sortiment und strebt ein Wachstum in beiden Bereichen an. Das Unternehmen entscheidet von Spezies zu Spezies, wo der grösste Impact liegt – ob im Wildfang oder der Aquakultur. In die Entscheidung fliessen zum Beispiel die Fangmethode und der Zertifizierer mit ein. Ähnlich geht Costa vor, die kürzlich Bio-Lachs und Bio-Garnelen eingeführt haben. «Diese Produkte können wir nur aus Aquakultur beziehen, in der die strengen Aufzuchtbedingungen, die für das Bio-Siegel notwendig sind, kontrolliert werden können», erklärt Dorith Wolff.
Zell-kultivierte Produktion
«Auch Aquakulturen sind nicht unbegrenzt skalierbar», sagt Alfred Jansen im Hinblick auf die Prognose der UN, dass die Nachfrage nach Fisch weltweit um mindestens 30 Prozent steigen wird. Er beobachtet daher die Entwicklungen bei zell-kultiviertem Fisch mit grossem Interesse. Bereits seit 2021 kooperiert die Muttergesellschaft von Iglo, Nomad Foods, deshalb mit BlueNalu. Das kalifornische Unternehmen züchtet Seafood in einem Bioreaktor direkt aus Fischzellen, wobei nur wenige Muskelstammzellen benötigt werden, um grosse Mengen zu produzieren. «Allerdings wird es noch sechs bis zehn Jahre dauern, bis Fisch aus zell-kultivierter Produktion zu erschwinglichen Preisen im Supermarkt auftauchen wird», schätzt Jansen und erwartet einen Start zunächst in der gehobenen Gastronomie.
Vegane Alternativen
Zudem arbeiten die Hersteller daran, die Lust auf Fisch mit veganen Fischalternativen zu decken. So gehören bei Iglo längst vegane Fischstäbchen und der erst kürzlich eingeführte vegane Bratfisch zum Sortiment. Frosta bietet mit der Range «Fisch vom Feld» unter anderem Veggie-Stäbchen, Veggie-Filees im Backteig sowie Veggie-Schlemmerfilee Bordelaise an. Basis dafür ist mal Getreide wie Weizen oder Reis, mal Hülsenfrüchte wie Bohnen oder Soja, mal Gemüse wie Blumenkohl oder Jackfruit.
Kleine Siegel-Kunde
Das blaue Logo des Marine Stewardship Council (MSC) kennzeichnet Fische oder Fischprodukte, die aus einer kontrolliert nachhaltigen, zertifizierten Fischerei stammen. Sie wurden umweltfreundlich gefangen und stammen aus einem nicht überfischten Bestand. Das grün-blaue Logo des Aquaculture Stewardship Council (ASC) tragen Fische oder Fischprodukte aus zertifizierter Aquakultur. Die Anlagen halten den Einfluss auf die Umwelt so gering wie möglich, bieten den Menschen faire Arbeitsbedingungen und den Tieren eine möglichst artgerechte Haltung mit rückverfolgbarem Futter aus nicht überfischen Beständen. Teilweise noch strengere Kriterien setzen die Siegel der Bioverbände wie Naturland und Bioland an.