Alle Zeichen auf «Wild»

Montag, 28. August 2023
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Der Absatz von Wildfleisch profitiert von der stetig wachsenden Nachfrage des Konsumenten nach Natürlichkeit, Qualität, Regio- und Saisonalität. Dazu kommt, dass Wildbret ernährungsphysiologisch als äusserst wertvoll gilt.

Gemäss einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Deutschen Jagdverbands e.V. (DJV) halten 84 Prozent der Deutschen Wildbret für ein gesundes und natürliches Lebensmittel. Mehr als die Hälfte der Deutschen isst das Fleisch mindestens einmal pro Jahr. Schliesslich ist heimisches Wildfleisch besonders fettarm und reich an Eiweiss sowie Mineralstoffen. «Es gehört zu den ursprünglichsten Lebensmitteln überhaupt, sein ökologischer Fussabdruck ist vorteilhaft. Es eignet sich sogar für diätische Ernährung», so DJV-Pressesprecher und stv. Geschäftsführer Torsten Reinwald. Zudem lässt sich Wildbret vielfältig zubereiten: schmoren, garen, kurzbraten oder grillen. «Das grösser werdende Umweltbewusstsein und die öffentliche Kritik an der Massentierhaltung fördern gerade im ökologisch geprägten Lager die Akzeptanz von Wildfleisch aus freier Natur», sagt Karl Berger von Hochländer Wild. Auch wenn sich Wild nicht «Bio» nennen darf, profitiere es vom Bio-Trend.

Viel Luft nach oben
Dem LEH bietet das ein enormes Potenzial, wenn man allein auf den Marktanteil blickt. Auf Basis der Einkaufsmenge hat Wildfleisch laut «GfK Consumer Panel» einen Marktanteil von 0,6 Prozent an Rotfleisch gesamt (MAT April 2023). Und dieser Anteil hat sich in den letzten sechs Jahren kaum verändert. Im deutschen LEH wird Wildfleisch vor allem in Form von Gulasch (35 Prozent), Braten (18 Prozent) und Keule (18 Prozent) angeboten. Sonstige Fleischsorten sind neben Steaks und Filets/Medaillons auch der Rücken. «Die meisten Wildfleischprodukte sind vom Hirsch, gefolgt vom Reh und Wildschwein», so die GfK.

Thomas Maier, Geschäftsführer von Josef Maier, hat die Erfahrung gemacht, dass der Absatz von Hirschfleisch im Herbst für klassische Schmorgerichte am höchsten ist. Und: «Wir erkennen für sogenannte «Special Cuts» wie Rib Eye oder French Rack eine vermehrte Nachfrage aus der Grill- und BBQ-Szene. Produkte vom Wildschwein erfreuen sich gerade zum Start der Wildsaison, zubereitet in herbstlichen Rezepten, immer grösserer Beliebtheit. Beim Reh ist der edle Rücken zum Weihnachtsfest nach wie vor der ungeschlagene Klassiker.» Ein grosser Teil der im Einzelhandel verkauften Mengen wird ihm zufolge von Kunden im Alter von 40 plus gekauft. Wild-Steaks und -Bratwürste werden häufig von jüngeren Kunden nachgefragt. «Die Griller mussten lange davon überzeugt werden, dass sich Wild bestens für den Grill eignet. Jetzt, nach einer langen Überzeugungsphase, scheint mir, ist es angekommen», freut sich auch Karl Berger.

Eine gute Beratung
Dennoch scheint der Aufklärungsbedarf in Sachen Wildbret beim Verbraucher weiter enorm. «Wir stellen fest, dass es noch immer eine gewisse Hemmschwelle gibt und sich besonders jüngere Verbraucher nicht, oder nur bedingt, an Wildfleisch herantrauen. Barrieren sind hier sicher die Zubereitung», so Thomas Maier. Umso wichtiger ist, dass das Verkaufspersonal dem Kunden die Scheu nimmt und ihn für das Gelingen der Wildfleisch-Spezialität fundiert berät. «Manche Verbraucher glauben, dass Wild gleich Gatterwild ist», sagt Karl Berger. Auch hier gilt es also zu informieren und zu verdeutlichen, dass Wild nicht aufgrund der Kundennachfrage gejagt wird, sondern um den Wildbestand unter Kontrolle zu bekommen und zu halten. Schliesslich beeinträchtigen Überpopulationen sonst die natürliche Lebensweise, erhöhen die Übertragung ansteckender Krankheiten und fördern den Verbiss im Wald.

Dass in Supermärkten Importware als Wild angeboten wird, bei dem es sich eigentlich um Fleisch aus landwirtschaftlicher Gatterhaltung handelt, gibt auch Torsten Reinwald nochmals zu bedenken: «Insbesondere bei Hirschfleisch. Hier müssen Verbraucher genau hinschauen beim Einkauf. Wildbret ist ein regionales Produkt. Die verfügbare Menge schwankt von Jahr zu Jahr, da Wildtierbestände von natürlichen Faktoren wie Nahrungsverfügbarkeit und Wetter abhängen.» Zudem gibt es auch Schonzeiten. Folglich darf sich der Verbraucher nicht wundern, wenn er in Fleisch- und Wurstregal sowie Frischetheke nicht immer alles findet. Aber gerade das macht Wildfleisch ja so besonders und qualitativ hochwertig.

Interview 

Das Unternehmen Di Gennaro bietet Kunden aus Handel und Gastronomie ein vielfältiges Angebot von italienischer Feinkost und italienischen Weinen. Ein Gespräch über Wildfleisch und dessen Potenzial für den LEH mit Sebastian Eglinski, Leitung Vertrieb Di Gennaro, und Tanja R. Böhm, Leitung Werbung und Unternehmenskommunikation Di Gennaro.

Wie kann der Handel Wildfleisch-Produkte clever positionieren, präsentieren und vermarkten?
Zur Einzigartigkeit des Wildfleisches gehören dessen natürlicher Geschmack, die sehr hohe Qualität und die nachhaltige Herkunft. Storytelling ist effektiv, um die Geschichte hinter dem Produkt zu erzählen und eine emotionale Verbindung herzustellen. Für die Konsumenten ist es wichtig, zu wissen, woher das Fleisch stammt. Durch Verkostungen und Events kann ein aussergewöhnliches Geschmackserlebnis vermittelt und Begeisterung für Wild geweckt werden. Informationen über die Herkunft, die Jagdmethoden und die positiven Auswirkungen des Wildfleischkonsums runden das Einkaufsstättenerlebnis ab. Eine hochwertige Präsentation solch erlesener und exquisiter Produkte kann zudem ein klares Zeichen in Richtung Klasse statt Masse setzen.

Welche Rolle kommt der Beratungskompetenz zu? 
Die Beratungskompetenz der Mitarbeiter spielt eine entscheidende Rolle bei der Vermarktung von Wildfleischprodukten. Gut geschultes Personal wirkt kompetent und kann überzeugend auf Kunden zugehen. Es kann Empfehlungen geben und auf individuelle Vorlieben eingehen. Das erhöht die Kundenzufriedenheit, was massgeblich zum Verkaufserfolg beiträgt. Mit seiner «Scuola di Arte e Delizie» bietet Di Gennaro ein Schulungsformat, das spannende Wissensinhalte für eine gute und individuelle Beratung vermittelt.

Wein und Wild – das ist doch eine vielversprechende Paarung! Welches Potenzial bietet Wein dem Handel, wenn es um Wild geht?
Durch eine individuelle Beratung und die damit einhergehende passende Weinempfehlung kann dem Konsumenten ein ganzheitliches und vor allem regionaltypisch-kulinarisches Erlebnis angeboten werden. Dies kann zusätzlich durch Verkostungen und die gezielte Platzierung von Komplementärprodukten erfolgen, die Konsumenten klare Orientierung am Point of Sale bieten. Wissen ist auch hier ein Erfolgsfaktor. Deshalb unterstützen wir mit unseren Feinkost- und Weinfachberatern Kunden dabei, Umsatzpotenziale durch gezieltes Cross-Selling umzusetzen.

Welche Weine passen gut zu Wild? 
Bei der Auswahl des passenden Weines spielen die Präferenzen des Konsumenten eine entscheidende Rolle. Favorisiert er einen Wein, der mit dem Wildgericht harmoniert – oder doch eher den geschmacklichen Kontrast? In der Toskana bevorzugt man beispielsweise gut strukturierte, tanninreiche Rotweine mit feiner Säure aus der Rebsorte Sangiovese als Gegengewicht zum kräftigen Wildschweinfleisch. Hierzu zählen Weine aus den DOC-Herkunftsgebieten Chianti Classico, Brunello di Montalcino oder Rosso di Montalcino. In der Emilia Romagna hingegen ist die typische und harmonische Wahl zu fetthaltigen Wildgerichten eintiefroter schäumender Lambrusco, der leicht gekühlt serviert wird und den Geschmack des Wilds unterstreicht. Es kann auch ein trockener Weisswein, mit einer angenehmen Säure, die richtige Wahl beispielsweise zu Wildschweinsalami sein. Es ist ratsam, verschiedene Weissweine zu probieren und herauszufinden, welcher am besten zum persönlichen Geschmack passt.

News

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Vom 24. bis 25. April findet das 125. Markant Handelsforum statt. Zu erwarten sind neben zeitaktuellen Vorträgen und Innovationen für den POS auch ein praxisnaher Austausch.

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Tegut hat das Jahr 2023 mit einem Nettoumsatz von 1,28 Milliarden Euro abgeschlossen und damit das Ergebnis des Vorjahres um 2,44 Prozent übertroffen.

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Nach einem Einbruch zu Jahresbeginn stabilisiert sich die Konsumstimmung in Deutschland jetzt wieder.

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In Österreich können biologische Lebensmittel trotz allgemeiner Teuerungen auf treue Verbraucher zählen.

Statements

Alle Marktteilnehmer generieren zusätzlichen Umsatz, indem sie in den Herbstmonaten und zu Weihnachten Wildaktionen durchführen, auf die sie teils durch hervorragende Werbung aufmerksam machen. Herbstliche Wild-Folder, Zeitungsanzeigen, Textbeiträge und Rezeptvorschläge in Printmagazinen sowie geschmackvolle Dekorationen machen die Kundschaft auf die Herbstzeit aufmerksam und Gusto auf Wildgenuss.
Karl Berger, Hochländer Wild

Wir spüren aktuell einen Trend zu Wildfleisch aus Europa. Im Einzelhandel und Discount waren in den vergangenen Jahren gewisse Mengen an Produkten, zum Beispiel von neuseeländischem Farmwild, zu finden. Aktuell spüren wir, dass der Trend zu mehr Nachhaltigkeit, und damit etwa auch zu kürzeren Transportwegen, geht. Wir empfehlen, die grossen Vorteile von freilebendem Wildfleisch gegenüber anderen Fleischsorten deutlich – und dem Verbraucher ersichtlich – zu kommunizieren. Hier denken wir an Schlagworte wie «Natürlichkeit», «aus freier Jagd», «freies Aufwachsen» oder «von Natur aus hoher Proteingehalt».
Thomas Maier, Geschäftsführer von Josef Maier

Wir geben seit 1999 repräsentative Umfragen zum Image der Jagd in Auftrag. Der Trend ist positiv für Wildbret: 1999 waren es 70 Prozent der Deutschen, die Wildbret als gesundes, natürliches Fleisch bewerteten, im Jahr 2020 lag der Wert bei 84 Prozent.
Torsten Reinwald, Pressesprecher Deutscher Jagdverband e.V.  

Warenkunde

Heutzutage ist Wildfleisch meist das ganze Jahr über erhältlich. Ausserhalb der jeweiligen Jagdsaison ist Wildbret allerdings nur tiefgefroren erhältlich. Darunter leidet jedoch die Qualität nicht. Aber wer frisch erlegtes Wild zubereiten möchte, sollte mit der Jagdsaison der gängigsten Wildarten vertraut sein.

Haar- und Federwild
Heutzutage ist Wildfleisch meist das ganze Jahr über erhältlich. Ausserhalb der jeweiligen Jagdsaison ist Wildbret allerdings meist nur tiefgefroren zu haben. Darunter leidet die Qualität nicht. Aber wer frisch erlegtes Wild zubereiten möchte, sollte mit der Jagdsaison der gängigsten Wildarten vertraut sein. Generell unterscheidet man Haar- und Federwild. Zu den Haarwildarten gehören alle Tiere, die Fell tragen, etwa Rehe, Hasen, Rotwild, Damwild, Wildschweine oder Wildkaninchen. Darunter fällt auch Schalenwild: Tiere, die auf Hufen gehen. Zu den Federwildarten zählen alle gefiederten Wildtiere, die gejagt werden, also beispielsweise Wildgänse, -enten und -tauben, Fasane sowie Reb- oder Perlhühner.

Wildkaninchen: Sie dürfen das ganze Jahr über gejagt werden. Ihr Fleisch ist zart-rosa gefärbt und süsslich im Aroma. Das Fett sollte vor der Zubereitung sorgfältig entfernt werden.

Rothirsch/-wild: Hier ist in der Regel von Anfang Februar bis Ende Juli Schonzeit. Das Fleisch ist dunkelrot und von kerniger Struktur. Das feinfaserige Fleisch junger Tiere eignet sich zum Braten und Grillen, das älterer Tiere eher zum Schmoren.

Wildschweine (Schwarzwild): Ihr Fleisch ist sehr aromatisch, saftig und dunkelrot. Besonders zart ist das Fleisch von Frischlingen und Überläufern. Bei älteren Tieren kann es durchaus zäh und trocken sein. Bachen haben in der Regel eine Schonzeit von Februar bis Juni.

Rehwild: Sein Fleisch hat eine satte rote Farbe, ist zart in der Struktur und verfügt über ein dezentes Wildaroma. Es ist reich an Eisen und Vitamin B.

Hasen: Das Fleisch junger Hasen ist intensiv rot gefärbt und von besserer Qualität als das dunkelrote Fleisch älterer Tiere. Keulen und Rücken eignen sich zum Braten, Schulter, Rippen und Bauchlappen als Ragout. Das Fett sollte auch hier gut entfernt werden. Schonzeit: Januar bis September.

Fasane: Im Gegensatz zu Hühner- und Putenfleisch ist Fasanenfleisch nicht hellrosa, sondern – typisch für Wild – dunkelrot gefärbt. Das zarte Fleisch junger Fasane eignet sich gut zum Braten. Zum Schmoren oder für die Weiterverarbeitung in Pasteten, Farcen oder Suppen kann man auch das Fleisch älterer Tiere verwenden. Jagdzeit: Oktober bis Mitte Januar.

Wildenten: Jagdbare Arten sind etwa Stock- oder Krickenten. Das Fleisch der wilden Stockente ist zart und saftig – ähnlich wie das der domestizierten Pekingente. Jagdzeit für Stockenten ist von September bis Mitte Januar.

Anmerkung: Die genauen Schonzeiten können je nach Bundesland variieren.

Quellen: BzfE, DJV, Bundesjagdgesetz

Produkte

Di Gennaro 
Für die Herstellung der würzigen «Salame di Cinghiale» wird Fleisch aus nachhaltiger Jagd verwendet. Die Salami enthält über 60 Prozent mageres Wildschweinfleisch aus der Region Cuneo in Italien. Die von Hand gebundene Salami reift etwa 30 Tage in Trockenräumen und hat eine dunkelrote Maserung und einen milden Wildgeschmack.

Rila 
Die neue Fond-Range «Langbein's Dail Meal – Clean Label» umfasst sieben Sorten, darunter auch einen Wild-Fond. Alle Produkte kommen ohne Zusatz von Aromen, Farb-, Konservierungs- und geschmacksverstärkenden Zusatzstoffe aus, inspirieren zu neuen Rezepten und sind eine gute Basis für leckere Saucen und Suppen.

Hochländer Wild 
Die «Hirschburger» sind fertig geformt sowie fein gewürzt und eignen sich gut zum Grillen. Im Vakuum-Beutel sind acht tiefgefrorene Burger-Patties zu je 125 Gramm erhältlich. Für den LEH können auch Skin-Packungen produziert werden.

Josef Maier
Mit «Hirschgulasch Klassisch in herzhafter Sauce» bietet Josef Maier einen Klassiker der traditionellen Wildküche fertig zubereitet an. Ein Convenience-Produkt mit einem herzhaften, natürlichen Geschmack, dessen Zubereitung auch ohne Vorkenntnisse im Bereich der Wildküche gelingt.