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Brotspezialitäten bringen Abwechslung ins Regal – und das Angebot ist heute so umfangreich wie die Kundenwünsche selbst. Ein Marktüberblick.
Mehl, Wasser, Salz und Hefe sind seit Jahrhunderten die Grundzutaten für Brot. Doch bei knapp 46 Kilogramm Brot, die jeder Deutsche laut dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks im vergangenen Jahr gekauft hat, ist Abwechslung gern gesehen. Und so kommen zu den rund 3.200 eingetragenen Spezialitäten in Deutschland beinahe täglich neue hinzu, denn die Grossbäckereien ergänzen das Angebot fortlaufend mit originellen Rezepturen und spannenden Zutaten.
Stets im Fokus: die vielfältigen Bedürfnisse der Konsumenten. Zu den wichtigsten Treibern gehört der seit Jahren anhaltende Trend zu einer bewussteren Ernährung. «Er verstärkt sich eher noch, als dass er abflaut», sagt Eve Burgardt, Marketingleiterin bei Lieken und ergänzt: «Die Verbraucher zahlen sogar einen höheren Preis, wenn die Artikel einen erkennbaren Zusatznutzen haben. » Für diese Zielgruppe haben etwa Mestemacher und Harry-Brot spezielle Eiweissbrote im Programm, die mit proteinreichen Zutaten wie Soja- oder Erbsenschrot angereichert sind und eine Low-Carb-Ernährung unterstützen sollen. Besonders erfolgsversprechend sind dabei Konzepte, wenn sich der Well-Being-Aspekt mit neuen, exotischen Zutaten unterstreichen lässt. So stand das Jahr 2016 unter dem Zeichen der Chia-Samen, die noch immer hoch im Kurs stehen. Darüber hinaus kommt 2017 bei Lieken Spinat und Brennnessel ins Brot, bei Harry-Brot Süsskartoffel und Rote Bete und bei Délifrance Cranberries.
Snacking, Convenience und to-go als Haupttreiber
Immer wichtiger wird den Verbrauchern auch das Thema «Free from». An Menschen mit Zöliakie und Glutensensitivität richten sich beispielsweise die neuen Brotsorten von Schär und Wasa, in denen die glutenhaltigen Getreidearten von Buchweizen- und Reismehl ersetzt werden. Bei Wasa sind weitere Bio- und vegane Produkte in Planung. Daneben sind Brote mit «Clean Label» gefragt, die auf Stoffe verzichten, die von den Verbrauchern als ungesund wahrgenommen werden. Lantmännen Unibake beispielsweise greift diesen Trend mit der Range «pur» auf. Bei Délifrance unterliegen die meisten Produkte dem «Naturalité-Prinzip», das eine Herstellung ohne künstliche Farb- und Aromastoffe sowie gehärtete Fette umfasst und die Verwendung von Zusatzstoffen so weit wie möglich einschränkt. Zudem führt das Unternehmen schrittweise zertifiziertes Palmöl ein. Bei Wasa hingegen sind alle Produkte palmölfrei.
Neben Wellness und Gesundheit nehmen die Hersteller auch die Themen Snacking, Convenience und to-go als Treiber wahr – Reaktionen auf die mobiler werdende Gesellschaft. «Indem Masse, wie klassische Mahlzeiten im eigenen Zuhause seltener werden, gewinnt die Verpflegung ausser Haus an Bedeutung», sagt Robert Grimme, Geschäftsführer von Lantmännen Unibake Germany. Davon profitiert das klassische Frühstücksbrötchen ebenso wie Toastbrot, Hot-Dog- oder Burger-Brötchen. Trotzdem haben auch die Klassiker eine grosse Fan-Gemeinde. Mestemacher registriert ein grosses Wachstum von Westfälischem Pumpernickel, Saatenbroten und - brötchen, aber auch französischen und italienischen Focaccia-Broten.
Angebot wird immer vielfältiger
Und in Zukunft? Die Hersteller sind sich einig, dass das Angebot noch breiter werden wird. Künftig gehe es nicht mehr nur um verschiedene Geschmacksrichtungen, sondern um ein breites Portfolio für die vielfältigen Konsumentenbedürfnisse, so die Prognose aus dem Hause Wasa. Das sei wichtig, um am Markt bestehen zu können. Im Brotregal der Zukunft wird Well-Being einen festen Platz haben. «Aus unserer Sicht ist das weder ein kurzlebiger Hype, noch bedeutet er das Ende des klassischen Brotes», sagt Eve Burgardt. Denn die Konsumenten wollen beides: «Bodenständig und gesund», bringt es Robert Grimme auf den Punkt. Prof. Dr. Ulrike Detmers, Geschäftsführerin bei Mestemacher, schätzt, dass internationale Brot- und Backwaren-Spezialitäten und deutsche Klassiker das Angebot prägen werden. Und kleinere Packungsgrössen werden auf dem künftigen Brotregal liegen. Karina Alikhan, Marketingleiterin bei Harry-Brot, nennt hier vor allem die 400-Gramm- bis 600-Gramm-Packungen. «Vom Kunden sind diese schnell verzehrt und können durch frische Ware ersetzt werden. Das macht auch die Entscheidung für Spezialitäten leichter.» Und so schliesst sich der Kreis.