Klimaschutz auf dem Teller

Montag, 25. Oktober 2021
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Wer das Klima schützen will, muss auch an seine Ernährung denken. Doch welche Produkte haben eine gute Klimabilanz? Viele Verbraucher wünschen sich mehr Orientierung beim Einkauf.

Nachhaltigkeit wird immer wichtiger und wer seinen CO2-Fussabdruck verringern möchte, kommt auch am Essen nicht vorbei: Laut Umweltbundesamt verursacht die Ernährung im Schnitt 15 Prozent der Pro-Kopf-Emissionen von Treibhausgas in Deutschland. Doch der genaue Zusammenhang zwischen Klima und Ernährung ist vielen Verbrauchern noch unklar. Das zeigt die Studie «So klimafreundlich is(s)t Deutschland», die Nestlé zusammen mit dem Institut für Demoskopie Allensbach herausgegeben hat.

Klimaschutz ist Megathema

Zentrale Ergebnisse der im März 2021 durchgeführten Befragung sind: 1. Der Kampf gegen den Klimawandel hat für die Menschen hohe Relevanz – die Erderwärmung wird als global grösste Herausforderung betrachtet. 2. Die Bereitschaft selbst aktiv zu werden ist gross: Nach der Industrie (68 % Zustimmung) sehen sich die Verbraucher vor allem selbst in der Pflicht (52 %), gefolgt von Politik (50 %) und Handel (47 %). 3. Grundsätzlich sind 56 Prozent der Verbraucher bereit ihre Ernährung für den Klimaschutz umzustellen. Rund drei Viertel würden zudem mehr für klimafreundliche Produkte bezahlen, wobei sowohl die Umstellungs- als auch die Zahlungsbereitschaft bei Frauen und in den oberen Sozialschichten ausgeprägter sei.

Produktion im Fokus

«Was genau klimafreundliche Ernährung im Alltag bedeutet, ist für viele Verbraucher aber unklar», sagt Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach. So denken viele bei Klimaverträglichkeit etwa eher an die Produktionsweise als an das Lebensmittel an sich. Weniger Lebensmittelverschwendung, kürzere Transportwege durch den Kauf regionaler und saisonaler Produkte oder umweltfreundliche Verpackungen finden zum Beispiel bei den Befragten grosse Zustimmung. Der Verzicht auf Fleisch oder tierische Produkte wie Milch oder Käse rangiere dagegen am Ende der Liste.

Käse hui, Südfrucht pfui?

Klimafreundlich sind für Konsumenten laut Studie vor allem Lebensmittel, bei deren Herstellung möglichst wenig CO2-Äquivalente entstehen. Als klimaschädlich identifizieren sie dagegen etwa Palmöl, Rind- und Schweinefleisch und exotische Früchte. Der grosse Einfluss von Milchprodukten auf das Klima wird laut Studie weniger stark wahrgenommen.

Mehr Klarheit durch Klimalabel

Für mehr Orientierung beim Einkauf könnte ein Klimalabel auf der Verpackung helfen. Fast drei Viertel der für die Studie Befragten befürworten eine solche Kennzeichnung. Insbesondere Personen, die sich klimafreundlich ernähren (möchten) und bereit sind, dafür mehr Geld auszugeben, sprechen sich hierfür aus. Zudem würden 52 Prozent der Befragten Supermärkte ausprobieren, die beim Einkaufen darüber informieren, wie hoch die Klimabelastung durch die gekauften Produkte ist.

Veränderung muss Spass machen

Gefragt sind zudem Alternativen zu bisherigen Gewohnheiten, die Spass am Essen bieten und nicht als Zwang empfunden werden. «Grundsätzlich fällt auf, dass die Verbraucher bislang überwiegend klimafreundliche Ernährungsgewohnheiten praktizieren, die ihnen persönlich leichtfallen», heisst es in der Studie. Klimafreundliches Essverhalten habe die Wohlfühlzone noch nicht verlassen. Besonders kritisch wird es bei Fleisch oder anderen tierischen Produkten wie Milch und Käse: 38 Prozent der Befragten schliessen etwa einen weitgehenden Verzicht auf Fleisch aus und für 47 Prozent kommt es nicht in Frage nur wenig Milch oder Käse zu verzehren. Immerhin hat laut Studie rund die Hälfte der Bevölkerung schon einmal ein Fleischersatzprodukt gegessen, 39 Prozent davon habe es auch geschmeckt.

Transparente Angebote

Für mehr Klimaschutz auf dem Teller braucht es daher Angebote, die wirklich überzeugen. «Klimabewusste Ernährung muss für Verbraucher einfach und erkennbar sein», sagt Marc-Aurel Boersch, Vorstandsvorsitzender von Nestlé Deutschland. «Etwa indem wir ihnen mit pflanzlichen Produktalternativen klimafreundlichere Mahlzeiten ermöglichen und klimaneutrale Produkte transparent kennzeichnen.» Wichtig sei dafür eine europäische Lösung, um den Menschen eine «vergleichbare Kennzeichnung mit echtem Mehrwert zu bieten».

 

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Übersicht über die Ernährungstypen

Auf Basis der Befragung für die Studie «So klimafreundlich is(s)t Deutschland» 2021 ergeben sich sechs Klima-Ernährungstypen. Diese zeigen die Einstellungen der Befragten zum Zusammenhang von Klimaschutz und dem eigenen Einkaufs- und Ernährungsverhalten.

Kompromisslose Aktivisten (13 %): Kennen sich sehr gut mit Klimaschutz und Ernährung aus und handeln konsequent. Lebensmittelkäufe sind vor allem regional, saisonal und Bio. Marke, Preis oder Optik eines Lebensmittels spielen beim Kauf nur eine untergeordnete Rolle. Der Kauf findet bevorzugt in kleinen Läden oder Direktvertrieb (etwa Hofladen) statt. Grossen Konzernen gegenüber ist diese Gruppe skeptisch.

Besorgte Bewahrer (19 %): Sind deutlich älter als die anderen Gruppen. Ihr Ernährungs- und Einkaufsverhalten haben sie angepasst – ohne ihre Grundprinzipien aufzugeben: Essen muss schmecken und klimafreundliche Ernährung einfach und unkompliziert sein. Sie setzen auf Regionalität und sind ab und zu auch bereit zu verzichten, etwa auf ein Stück Fleisch. Sie vertrauen Lebensmittelmarken und wünschen sich klare Kennzeichnungen klimafreundlicher Produkte.

Aktive Individualisten (24 %): Drei Viertel dieser Gruppe sind Frauen. Sie kennen den Zusammenhang zwischen Klima und Ernährung. Dafür sind sie bereit, ihr Ernährungs- und Einkaufsverhalten klimafreundlich zu gestalten und auf manches zu verzichten. Sie vermeiden Verpackungsmüll, Lebensmittelverschwendung und bevorzugen regionale und saisonale Lebensmittel. Sie wünschen und fordern mehr Überblick, wie sie mit ihrer Ernährung etwas zum Klima- und Umweltschutz beitragen können.

Umsichtige Beobachter (20 %): Diese Gruppe besteht zu 65 % aus Männern. Sie fühlen sich halbwegs gut informiert und machen sich durchaus Sorgen um die Folgen der Erderwärmung. Gut die Hälfte dieser Menschen bemühen sich, Gewohnheiten zum Schutz des Klimas zu verändern. Das eigene Ernährungs- und Einkaufsverhalten scheint ihnen dabei jedoch weniger bedeutsam – sie räumen beim Thema Klima und Ernährung Wissenslücken ein. Menschen dieser Gruppe wünschen sich mehr Unterstützung durch aussagekräftige Kennzeichnungen, um so beim klimafreundlichen Einkauf besser zwischen Werbeversprechen und tatsächlichen Produktvorteilen unterscheiden können.

Reservierte Orientierungssucher (13 %): Das Bemühen gegen den Klimawandel halten Menschen dieses Ernährungstyps für wichtig, möchten aber nicht ständig damit behelligt werden. Die Mehrheit tut etwas für den Klimaschutz – aber weniger beim Einkaufen oder Kochen. Sie sind sehr preissensibel und nicht davon überzeugt, dass eine klimafreundliche Ernährung möglich ist. Sie setzen auf Regionalität und kaufen Lebensmittel bevorzugt aus heimischer Herstellung. Menschen dieses Ernährungstyps sind aber auch für Neues zu haben: 17 % könnten sich vorstellen, Fleischersatz aus Insekten zu testen. Sie wünschen sich jedoch günstige Bio- und Ersatzprodukte – damit mehr Verbraucher für mehr Nachhaltigkeit mitziehen.

Unbeteiligte Zweifler (11 %): Das Thema Klimawandel hält diese Gruppe, die zu fast zwei Dritteln aus Männern besteht, für überbewertet. Sie zeigen wenig Neigung, ihr Verhalten zu verändern oder sich mit dem Zusammenhang von Ernährung und Erderwärmung näher zu beschäftigen. Sie halten es für sehr unwahrscheinlich, dass sie als Verbraucher dabei etwas ausrichten können. Die Verantwortung für Klimafreundlichkeit sehen sie bei den Produzenten. Menschen dieses Ernährungstyps essen, was ihnen schmeckt. Abstriche machen sie nur aus persönlichen Gründen, etwa für die schlanke Linie. Die grosse Mehrheit isst gerne Fleisch und will sich auch künftig nicht einschränken. Immerhin 10 % dieser Gruppe können sich allerdings vorstellen ihre Ernährung für das Klima anzupassen.

Interessant: 63 % der Bevölkerung gehören zu den Klima-Ernährungstypen «Aktive Individualisten», «Besorgte Bewahrer» und «Umsichtige Beobachter». Diese Gruppen wünschen sich mehr Unterstützung, zum Beispiel durch aussagekräftige und einheitliche Kennzeichnungen und Kontrollen. «Mit gezielten Angeboten zur Unterstützung bestehen bei diesen Gruppen gute Chancen, sie für noch mehr Klimaschutz zu gewinnen», heisst es in der Studie.

Quelle: Nestlé 2021, Studie «So klimafreundlich is(s)t Deutschland»