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Jumbo Schreiner kennen die meisten als «Galileo»-XXL-Food-Tester. Das MARKANT Magazin hat das Multitalent zu seinen grössten Leidenschaften befragt: Grillen und Fleisch.
Was ist Deine Lieblingsküche?
Ich liebe die italienische und auch die elsässische Küche. Meine Leidenschaft gehört allerdings dem Grillen. Grillen ist die männlichste aller Kochformen und auch die ursprünglichste Art des Fleischzubereitens.
Und was kommt bei Dir auf den Grill?
Man kann alles grillen. Allerdings, wenn man es nicht mit Speck umwickeln kann, kann man es vergessen. Speck gehört zum Grillen einfach dazu. Es gibt kein Grillgericht, wo Bacon-Tuning nicht möglich ist. Durch den Speck bekommt man ein wunderbares Raucharoma.
Was kommt bei Dir gar nicht auf den Grill?
Es gibt gewisse Sachen, die sollte man nicht grillen. Für mich sind vormarinierte Steaks eine Todsünde. Das ist billiges Industriefleisch und hat bei mir Hausverbot, von einem 600-Gramm-Stück sind dann 250 Gramm nur aufgepumpte Marinade. Qualitätsfleisch schlägt immer mariniertes Fleisch.
Gute Gewürze sind genauso wichtig wie gutes Fleisch?
Unbedingt. Du brauchst Dir kein Fleisch kaufen, das 45 Euro pro Kilo kostet, wenn du eine Marinade verwendest, die keine 20 Cent wert ist. Also das, was aussen hinkommt, muss mindestens genauso gut sein wie das, was innen drin ist. Und das hat was mit Geschmack zu tun. Aber wenn das Fleisch gut ist, kann ich auch gerne auf die Marinade verzichten.
Was ist für Dich «der» Grilltrend 2020?
Pocket Smoking kommt immer mehr auf. Dabei handelt es sich um kleine Smoke-Pfeifen oder Smoke-Röhren, die man mit Fruchthölzern oder geflavourten Hölzern füllt, wässert und mit auf den Grill legt. Das hat zur Folge, dass man einen weitaus intensiveren Rauchgeschmack erhält. Ausserdem muss man nicht wie beim herkömmlichen Smoken stundenlang warten, bis das Fleisch gar ist. Das ist ein bisschen so wie: Du stehst auf Bergsteigen, fährst aber mit der Bahn hoch.
Was ist der grösste Fehler beim Grillen?
Der grösste Fehler, den man beim Grillen machen kann, ist, zu heiss grillen. Verschiedene Gerichte haben verschiedene Temperaturstufen und verschiedene Garstufen. Nirgendwo sonst findest du eine Grill- oder Esskultur, wo das Fleisch so durchgebraten wird wie in Deutschland. Es mangelt am Bewusstsein, sich mit dem Thema Fleisch auseinanderzusetzen.
Was sind die Gründe dafür?
Die Lebensmittelherstellung und die Versorgung der Lebensmittel, ganz besonders im Fleischbereich, wird immer billiger. Ich finde es ganz schlimm, wenn Supermärkte mit Billigfleisch Reklame machen. Ausserdem informieren sich die Leute nicht mehr über das, was sie essen. Solange sie sich nicht damit beschäftigen, wird sich auch nichts ändern.
Was kann man dagegen tun?
Man muss sich diesen Billigangeboten entziehen. Wichtig ist es, sich darüber zu informieren, wo das Fleisch herkommt. Wenn ich beispielsweise auf einer Speisekarte lese Jungbullenfilet, dann assoziieren die meisten dies mit qualitativ hochwertig, zart, frisch. Genau das Gegenteil ist der Fall. Die meisten Jungbullen, die bei uns heute im Industriefleischhandel geschlachtet werden, sind acht Monate alt. Dieses Fleisch kann sich nicht entwickeln. Die meisten Leute merken auch, wenn das Fleisch zäh ist.
Wie bekommt man den Verbraucher dazu, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen?
Den Kopf entscheiden lassen, nicht nur den Geldbeutel. Vor allem aber muss der Informationsdurst wieder geweckt werden. Wir stellen immer so viele Fragen, aber wenn es um unsere Nahrung geht, da tun wir das nicht. Wo kommt das Schnitzel her? Was ist das für eine Rasse? Oftmals kann das Verkaufspersonal nicht darauf antworten. Heute muss aber jeder, der hinter der Fleischtheke steht, diese Fragen beantworten können.
Wie kann der Handel dazu beitragen?
Der Lebensmittelhandel ist auch ein Servicehandel. Er muss vermitteln können, dass ein italienisches Rindersteak ganz anders schmeckt als ein japanisches. Fach- und Beratungskompetenz ist gefragt. Es braucht also zwei Dinge: Der Handel sollte gutes Fleisch anbieten und sein Verkaufspersonal so schulen, dass es Rede und Antwort stehen kann.
Leider ist es so, dass der Ausser-Haus-Konsum zunimmt, die Lust am Kochen abnimmt. Was kann der Handel konkret tun, um die Lust am Kochen und auch am gemeinsamen Essen wieder zu wecken?
Wenn es etwas gibt, das er überhaupt tun kann, dann ist es, seine Serviceleistung ins Spiel zu bringen. Es ist wichtig, dass das Verkaufspersonal mit dem Kunden im Gespräch herausfindet, was er möchte. Hier geht es auch darum, zu beraten und auch Empfehlungen auszusprechen. Also Anregungen zu geben, welche Beilagen und welcher Wein das Fleischvergnügen perfekt machen, und auch Empfehlungen auszusprechen, was die Fleischmenge angeht. Das machen bisher die wenigsten. Denn nichts ist besser, als wenn sich ein Kunde abgeholt fühlt – und das macht sich dann auch bezahlt.