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Sie ist Greenfluencerin, Aktivistin und Miss Germany 2022 – dabei verfolgt Domitila Barros eine klare Mission. Sie will das Thema Nachhaltigkeit und grüne Verantwortung salonfähig machen. Geboren in einem brasilianischen Armenviertel und aufgewachsen in einem Strassenkinderprojekt, wurde ihr das Streben nach sozialer Gerechtigkeit in die Wiege gelegt. Das Markant Magazin ONE hat mit der 38-Jährigen über ihr Engagement gesprochen.
Woher kommt Ihr Entschluss, sich sozial zu engagieren?
Domitila Barros: Meine Eltern hatten 1984 in einer Favela namens «Schusslinie» ein Strassenkinderprojekt gegründet. Ich bin mit diesen Kindern aufgewachsen und das hat mich natürlich sehr geprägt. Schon früh habe ich mich daher für soziale Projekte eingesetzt. Den Kindern habe ich das Lesen und Schreiben beigebracht und dabei eine eigene Methode aus Tanz und Schauspiel entwickelt.
Ihr Talent ist dabei nicht unentdeckt geblieben.
Domitila Barros: Ja, das ist richtig. Im Jahr 2000 wurde ich von der UN, also von den Vereinten Nationen, als «Millenium Dreamer» ausgezeichnet und durfte auf dem Millenium Dreamer Event von der UNO-Kommission in den USA meine Geschichte und Werte auf einer Weltbühne kundtun. Ich war schon immer sehr kommunikativ und habe dann dort entdeckt, dass ich ein Sprachrohr für Menschen und Themen sein könnte, die gesellschaftlich übersehen werden. Dieser Weg führte mich über ein Stipendium an die Freie Universität Berlin, dort habe ich meinen Master in Politik- und Sozialwissenschaften gemacht. Heute bin ich Wahl-Berlinerin und fühle mich dort sehr wohl.
Sie sind nicht nur Aktivistin und Greenfluencerin, sondern wurden zur Miss Germany 2022 gewählt. Wie passt das zusammen?
Domitila Barros: Ich engagiere mich seit 22 Jahren für soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. In all diesen Jahren habe ich festgestellt, dass eine Veränderung letztlich nur dann stattfinden kann, wenn man auch die Masse erreicht. Durch meine Kindheit in einem weniger privilegierten Teil dieser Erde habe ich die Auswirkungen von nicht nachhaltigem, umweltschädlichem und menschenverachtendem Handeln aus erster Hand miterlebt. Daher sind die Werte Nachhaltigkeit, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit so wichtig für mich. Und Miss Germany gibt mir nun die Plattform, genau diese Themen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Welchen Anspruch stellen Sie dabei an sich selbst?
Domitila Barros: Nachhaltigkeit ist ein sehr anspruchsvolles Thema. Wenn man es den Menschen und damit den Verbrauchern elitär vermittelt, dann erreicht man damit nur einen geringen Bruchteil. Die Folge davon ist, es wird nie eine positive Veränderung stattfinden. Ich will das Thema Nachhaltigkeit sexy machen und damit bewirken, dass jeder Lust und Spass hat, sich damit auseinanderzusetzen. Daher habe ich die Sozial-Marke «she is from the jungle» gegründet und engagiere mich als Greenfluencerin in verschiedenen Kampagnen, um den Social Impact, der hinter der Nachhaltigkeit steckt, näherzubringen.
Was veranlasste Sie dazu, die Marke «she is from the jungle» ins Leben zu rufen?
Domitila Barros: Ich biete unter der Marke Schmuck an, der aus Goldgras gefertigt ist und damit eine nachhaltige Alternative zu Gold ist. Ich habe auf Bali gelebt und dort gesehen, dass bei einer Fertigung eines Eherings aus Gold 20 Tonnen Giftmüll produziert werden. Viele Familien mussten daher flüchten, weil auf dem Boden nichts mehr gewachsen ist. Für mich war klar, dass es hierfür eine Alternative geben muss. Bei meinen Recherchen bin ich dann auf Goldgras gestossen. Das ist eine seltene Pflanze, die nur in Brasilien zu finden ist, aber wie Gold scheint und ihren besonderen Glanz auch nach der Ernte beibehält. In erster Linie wollte ich alleinerziehenden Müttern aus meiner Heimatstadt eine wirtschaftliche Unabhängigkeit ermöglichen und so aus der Armut herauszukommen. Sie können flexibel von zuhause aus arbeiten und ihre Kinder zur Schule schicken.
Designen Sie den Schmuck selbst?
Domitila Barros: Ja, zum grössten Teil entwerfe ich den Schmuck selbst. In meiner Kollektion gibt es auch viele brasilianische traditionelle Designs, die ich übernommen habe. Besonders wichtig ist mir aber der soziale Impact, der sich aus meiner Marke ergibt.
Wer ist die Zielgruppe und die Käufer Ihres Schmucks?
Domitila Barros: Mein Schmuck ist ja plant-based und insofern im Vergleich zum herkömmlichen Pendant in der Preiskategorie auch etwas teurer. Kunden, die meinen Schmuck kaufen, verfügen über ein sehr gutes Einkommen und wollen ihren nachhaltigen Lebensstil auch nach aussen hin verkörpern. «Green is the new luxury» – so würde ich das bezeichnen, und genau diese Menschen zählen zu meiner Zielgruppe und sind damit die Käufer meiner Schmuckkollektion.
Was sind Ihre Wünsche und Ziele für die Zukunft?
Domitila Barros: Mein Ziel wäre, eine Multiplikator-Funktion zu haben. Ich habe vor 22 Jahren meinen ersten Award von der UN für diese Art der Arbeit bekommen und habe den Eindruck, dass wir in den 22 Jahren meines Engagements überhaupt nicht vorangekommen sind. Daher wünsche ich mir, dass ich in den nächsten drei bis fünf Jahren so viele Menschen wie möglich erreiche, um sie für das Thema Nachhaltigkeit zu begeistern und sie sich dafür engagieren. Denn nur gemeinsam erreichen wir das Ziel. Hier zählt jedermann – gleich welcher Herkunft, welches Bildungsstands oder Einkommens.
Welches Projekt werden Sie als nächstes starten?
Domitila Barros: Ich möchte noch mehr faire Produkte auf den Markt bringen, die den Menschen einen nachhaltigen Konsum ermöglichen. Besonders im Bereich Orangensaft oder Kaffee möchte ich klimapositive Produkte entwickeln. Das sind alles Artikel, die in Europa sehr häufig konsumiert werden. Ich glaube, dass man den Impact aus Bio und fair einfach unterschätzt. Der daraus entstehende Mehrwert muss erlebbar gemacht werden. Das möchte ich ändern.