Foto: Fotolia (goodluz)
Oft missverstanden, vielfach belächelt, meistens falsch durchgeführt: Gender-Marketing. Dabei können Industrie und Handel von der passenden Zielgruppenansprache nur profitieren.
Vor allem im Lebensmittelbereich gewinnt, wer gewisse geschlechtsstereotype Muster im Kaufverhalten bei der Herstellung seiner Produkte und beim Verkauf berücksichtigt. Doch geht es beim so genannten Gender-Marketing nicht darum, für Frauen alles einfach in rosarotes Papier zu verpacken! Diese Art des „geschlechteroptimierten“ Marketings schreckt Frauen sogar ab, weiß Diana Jaffé, Gründerin der Agentur Bluestone, die sich auf Gender-Marketing spezialisiert hat. „Frauen sind heterogener als Männer“, sagt sie. „Darum ist es viel schwieriger, Werbung für Frauen zu machen. Um gutes Gender-Marketing zu betreiben, muss man genau die Motive der Käufer kennen.“
Kunden gezielt ansprechen
Frauen kaufen 80 Prozent aller Konsumgüter, im Lebensmittelbereich sogar noch mehr. Hersteller und Vermarkter sollten deshalb unter anderem auf das steigende Gesundheitsbewusstsein von Frauen reagieren. Mit veganen bzw. vegetarischen Produkten zum Beispiel, mit Frische und Leichtigkeit. Und dies dann noch in einer Umverpackung, die durch Farbgebung und Layout den Bedürfnissen von Frauen entspricht. Ein falscher Weg wäre beim Gender-Marketing jedoch laut Ines Imdahl, Psychologin und Inhaberin der Agentur für Marktforschung Rheingold Salon, nur auf die Verpackung und nicht auf den Inhalt zu achten. Sie warnt davor, das andere Geschlecht in punkto Marketing zu diskriminieren. Stattdessen sollten sich Hersteller gerade im Food-Bereich mehr mit dem produkt- und geschlechtsspezifischen Emotionen ihrer Kunden beschäftigen und keine klischeehaften Rollenbilder bedienen.
Wann Gender-Marketing zieht
Obwohl genau diese manchmal durchaus beachtenswert sind. So sind es meist Frauen, die zu Säften greifen, eher Sekt, süße Liköre oder Cocktails konsumieren. Männer mögen lieber herbere, stärkere Getränke wie Kaffee, Bier, Schnaps. Gerade um „Light“-Produkte machen sie oft einen Bogen, wie unter anderem Coca Cola feststellen musste. Ihre „Cola Light“ wurde fast ausschließlich von Frauen konsumiert. Erst mit der „männlichen“ Variante, die ein dunkles Etikett in Schwarz-Rot und einen „maskulinen“ Namen („Cola Zero“) bekam, konnten auch Männer als Kunden gewonnen werden.
Bedarf an Gender-Marketing besteht in der Kategorie Süßwaren. Für Männer sind herbe Schokoladen mit einem eher dunklen Etikett reizvoll. Frauen hingegen bevorzugen süßere Sorten, die jedoch leicht sein und einen Mehrwert wie Joghurt oder Crispies enthalten sollten. Das Etikett darf in diesem Fall in hellen, freundlichen Farben gestaltet sein, als Aufdruck z. B. eine Frau, die den „leichten Genuss“ glaubhaft repräsentiert. Ähnliche Bedürfnisse zeigen sich bei Knabbereien. Genussvoll und mit einem guten Gewissen snacken, das wollen Frauen. Statt Chips und Flips mögen sie lieber leichten Knabberspaß aus Kichererbsen, Reis oder Mais. Bei Männern dürfen es durchaus die gut gerösteten Chips mit rauchigem Barbeque-Aroma sein.
Frauen wollen Fakten beim Einkauf
„Wenn es um den Einkaufsprozess geht“, sagt Gunnar Mau vom Marktforschungsinstitut Shoppermetrics, „scheint es bei Lebensmitteln so zu sein, dass sich Frauen auf Infos und Fakten beziehen. Während Männer mehr auf Heuristiken setzen.“ Das heißt, dass Männer eher dazu neigen, bloßen Werbeversprechen („Schmeckt wie beim Italiener“) zu vertrauen – während Frauen verstehen wollen, warum diese Pizza „wie beim Italiener“ schmeckt. Sie achten also mehr auf Inhaltsstoffe, Belag, Zubereitung etc.
Gender-Marketing funktioniert jedoch nicht nur „an der Oberfläche“. Auch das Unterbewusstsein der Kunden lässt sich geschlechtsspezifisch beeinflussen. Eine abgebildete Rose auf einem Duschgel beispielsweise lässt Frauen sofort tatsächlich eine Rose riechen. Bei Männern bewirkt das Bild eines Wasserfalls das Gefühl von prickelnder Frische auf der Haut. Überhaupt verleiten bestimmte Gerüche Frauen dazu, länger am POS zu verweilen, mehr zu „stöbern“ – und letztendlich auch mehr zu kaufen. Erklingt dann noch eine unaufdringliche Musik – am besten eines gerade angesagten „Frauenschwarms“ – aus den Lautsprechern, steigert das das Wohlempfinden der Kundinnen und damit ihre Kauflust.