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Das aus der Hanfpflanze gewonnene Cannabidiol (CBD) gilt bei vielen Tierhaltern als Wundermittel gegen Stress, Entzündungen oder Schmerzen ihrer Lieblinge. Noch ist der Markt eingeschränkt, doch Erfahrungen aus Nordamerika zeigen grosses Potenzial.
Die Silvesternacht ruhig im Körbchen oder auf der Hundedecke verbringen – für ängstliche Hunde (und deren Besitzer) ist das vermutlich der wichtigste Wunsch zum Jahreswechsel. Kein Wunder also, dass die Nachfrage nach beruhigenden CBD-Ölen für Haustiere kurz vor Weihnachten spürbar steigt, wie Christopher Martens, Geschäftsführer bei CanAdelaar, für die vom Unternehmen vertriebenen Marken Tamacan und Calitamex berichtet.
Gegen Stress und Schmerzen
Der Hype um Cannabisprodukte ist damit auch im Heimtierbereich angekommen. Das verwundert nicht, denn die Wirkmechanismen von Cannabidiol (CBD) funktionieren bei allen Säugetieren auf ähnliche Weise. Der Wirkstoff wird aus Hanfpflanzen extrahiert. Anders als das psychoaktive Tetrahydrocannabinol (THC) hat CBD jedoch keine berauschende Wirkung und macht nicht süchtig. Stattdessen gilt CBD sowohl bei Mensch als auch bei Tier als Wundermittel gegen Stress, Schmerzen, Entzündungen oder Infektionen. Zudem soll es entspannend und entkrampfend wirken. Auf welche Weise und bei welchen Beschwerden CBD bei Mensch und Tier tatsächlich wirkt, ist klinisch bislang jedoch nur unzureichend nachgewiesen. Trotzdem steigt das Angebot an CBD-Produkten im Heimtierbereich, vor allem in Form von Ölen. Dabei sind laut Christopher Martens derzeit vor allem Tierärzte und mit relevantem Anteil auch Online-Shops und Drogeriefachmärkte die bevorzugten Vertriebskanäle.
Markenhersteller zurückhaltend
Auffallend ist, dass die bekannten Marken von Tiernahrung bislang keine CBD-Produkte im Portfolio führen. «Derzeit verwenden wir kein CBD als Inhaltsstoff in unseren Produkten», heisst es bei Mars Petcare. «Wie viele andere Unternehmen sind auch wir daran interessiert, die potenziellen Vorteile von CBD für Menschen und Haustiere besser zu verstehen. Zunächst müssen wir diese potenziellen Vorteile jedoch wissenschaftlich untersuchen, bevor wir die Verwendung als Zutat in Betracht ziehen – genau wie bei jedem anderen Lebensmittelzusatzstoff.»
Nur für äussere Anwendung
Ein mindestens ebenso wichtiger Grund für die Zurückhaltung dürfte zudem die Beschränkung des Marktes durch rechtliche Vorgaben sein: So sind CBD-Öle im Veterinärbereich bislang in der Regel nicht als Einzelfuttermittel oder Nahrungsergänzungsmittel, also für die innere Anwendung, zugelassen. Leckerlis oder Heimtiernahrung mit CBD sind damit in der Regel nicht verkehrsfähig. Eine Ausnahme sind laut Christopher Martens eigens entwickelte Produkte, welche heute schon «als Einzelfuttermittel mit CBD in der EU zugelassen sind».
Hauptsächlich vertrieben werden daher sogenannte «Veterinäre Pflegeöle», also mit CBD versetzte Kosmetikprodukte zur äusseren Anwendung. Diese werden von Tierhaltern etwa im Bereich des Mauls aufgetragen, frei nach dem Motto: Der Hund wird sich die Lippen schlecken, die Katze ebenso.
Interessanter Markt
Wie sich der Markt entwickeln könnte, zeigt der Blick nach Nordamerika. «In den USA und Kanada haben sich CBD-Produkte im Petcare-Regal längst als eigene Produktkategorien etabliert», sagt Christopher Martens. «In Europa hinken wir dieser Entwicklung etwa drei bis vier Jahre hinterher.» Durch die im Koalitionsvertrag von 2021 in Fahrt gekommene Legalisierungsdebatte von Cannabisprodukten und Fortschritte bei der wissenschaftlichen Erforschung von CBD dürften sich Marktbeschränkungen in den nächsten Jahren auch hierzulande abbauen. In diesem Fall entstünde für den Lebensmitteleinzelhandel als stärkstem Absatzweg für Heimtierfertignahrung ein interessantes Wachstumssegment.