Kommerzienrat Leopold Wedl (Mitte) mit den beiden Geschäftsführern Klaus Mantl (links) und Lorenz Wedl (rechts). Foto: Unternehmen
Die Corona-Pandemie hatte auch für das Handelshaus Wedl weitreichende Folgen. Durch geschicktes Taktieren und Fokussieren auf die Stärken hat der Markant Partner die Krise gut bewältigt. Lorenz Wedl, Mitglied der Geschäftsführung im Handelshaus Wedl, gibt im Interview eine Prognose auf 2023 und auf die Zukunftspläne.
Ihr Kerngeschäft ist der Gastro-Grosshandel. Wie sind Sie durch die Corona-Krise gekommen?
Lorenz Wedl: Wir hatten durch Lockdowns massive Umsatzeinbrüche bis hin zu Totalausfällen, weil unsere Kunden – die Gastronomie und Hotellerie – schliessen mussten. Zudem haben der Einbruch des Wintertourismus und die Schwierigkeiten im Bereich der Warenbeschaffung und -verfügbarkeit unser Geschäft stark beeinflusst. Durch neue Strukturen und Abläufe haben wir flexibel auf die Situation reagiert. Durch intelligente Bevorratung und dem Ausweichen auf Alternativlieferanten konnten wir etwa Problemen im Bereich der Warenverfügbarkeit entgegenwirken.
Wie hat sich die Krise auf Ihren Umsatz ausgewirkt?
Lorenz Wedl: Die Steigerung des Gesamtumsatzes 2021 ist primär dem Auslandsgeschäft – besonders jenem in Italien – zuzuschreiben, wo es zum Jahresende 2021 keine Lockdowns mehr gab. Besonders profitierte unsere Gruppe 2021 von Zuwächsen im Kaffeebereich (+ 22 % im Vergleich zum Vorjahr). Zwar liegen die Umsätze insgesamt noch um 20 Prozent (Wedl Gruppe) bis 29 Prozent (Grosshandel) deutlich unter dem Vor-Pandemie-Niveau 2019. Dennoch können wir angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen mit der Geschäftsentwicklung zufrieden sein.
Wie lautet Ihre Prognose für die zweite Jahreshälfte?
Lorenz Wedl: Die Prognosen für den Sommer sind gut. Man hat gesehen, dass sich der Tourismus schnell erholt hat, weil die Menschen nach Normalität lechzen und gerne in den Urlaub fahren und Essen gehen. Seit Februar beobachten wir eine Erholung der Umsätze. Im März dieses Jahres generierten wir Umsätze, die deutlich über dem Vorpandemieniveau 2019 liegen. Wir rechnen damit, dass sich dieser Trend fortsetzt und unser Umsatz 2022 über jenem von 2019 liegen wird – vorausgesetzt es gibt keinen weiteren Lockdown.
Welche Herausforderungen gilt es derzeit zu meistern?
Lorenz Wedl: Herausfordernd ist die Situation auf den Rohstoffmärkten. Warenverfügbarkeit und Preise sind sehr volatil aufgrund des Ukraine-Konflikts, steigender Energiekosten und eines weltweiten Verpackungs- sowie Logistikmangels. Hier rechnen wir erst 2023 mit einer Entspannung.
Auf welche Stärken wollen Sie sich daher fokussieren?
Lorenz Wedl: Unsere Hauptzielgruppe ist und bleibt die Gastronomie und Hotellerie, für die wir unser Serviceangebot weiter ausbauen wollen. Mit unserem breiten Produktangebot und kompetentem Service konnten wir zuletzt aber auch verstärkt Endverbraucher und öffentliche Einrichtungen ansprechen. Vor allem der Privatkundenbereich hat an Bedeutung gewonnen. Gepunktet haben wir sowohl im B2B- als auch im B2C-Segment mit Verlässlichkeit und Stabilität am Markt. Unseren USP sehen wir in unserer ausserordentlichen Kundenorientierung als Familienbetrieb, persönlicher Beratung, Flexibilität und einem einzigartigen Sortiment.
Was unternehmen Sie, um das Handelshaus Wedl fit für die Zukunft zu machen?
Lorenz Wedl: Mehr denn je ist die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens das Hauptkriterium für den Start neuer Projekte. So investierten wir 2020/21 während der Krise knapp 15 Millionen Euro in den Neubau des C+C Marktes in Saalfelden, der Ende 2021 eröffnet wurde. «C+C» – also «Cash and Carry» – wird hierbei nicht nur als Verkaufsfläche gesehen, sondern auch als Plattform für Austausch, fachkundige Beratung und Einkaufserlebnisse mit einzigartiger Warenpräsentation.
Können Sie das konkretisieren?
Lorenz Wedl: Durch den Neubau hat sich die Verkaufsfläche auf rund 3000 Quadratmeter vergrössert – ausreichend Platz, um das Vollsortiment des Handelshaus Wedl zu präsentieren. Besonders die Wedl Genusswelten Obst & Gemüse, Fisch & Fleisch, Gourmet, Kaffee und Wein werden nun durch eine einzigartige Warenpräsentation und modernsten Ladenbau in Szene gesetzt. Zudem stehen aber vor allem Kommunikation, Information und Beratung im Vordergrund. Als Herz des neuen Marktes präsentiert sich eine 400 Quadratmeter grosse Vinothek, in der heimische und internationale Weine ihren Platz finden.
Wie entwickelt sich Ihre Kaffeesparte?
Lorenz Wedl: Neben dem qualitativ hochwertigen Lebensmittelvollsortiment mit 30 000 Artikeln hat sich das Handelshaus Wedl vor allem mit Kaffeespezialitäten aus eigenen Röstereien einen Namen gemacht. Mit einzigartigen Marken wie «Bristot», «Vescovi» und «Testa Rossa caffè» sowie einer umfangreichen, fachkundigen Beratung können auch höchste Qualitätsansprüche der Kunden erfüllt werden. Der Export bei unserer Tochterfirma Procaffè erholte sich 2021 im Vergleich zum ersten Pandemiejahr mit einem Plus von 38 Prozent sehr gut, während die Verkaufszahlen in Italien im wichtigen Kaffee-Bar-Geschäft um zwölf Prozent gesteigert werden konnten. Getrieben vom guten Tourismusgeschäft erwarten wir in der Sparte Kaffee vor allem in den südlichen Ländern eine überproportional positive Entwicklung.
Wie wichtig sind für Sie neue Zielgruppen?
Lorenz Wedl: Wir werden uns weiter auf die Kernzielgruppe Hotellerie und Restaurants konzentrieren, aber wir möchten auch verstärkt öffentliche Einrichtungen ansprechen. Diesen Bereich gilt es auszubauen. Nicht umsonst haben wir unmittelbar in den Lockdown-Phasen 2020/21 mehr Marktanteile verloren als unsere Mitbewerber, die ihre Zielgruppe breiter gefasst haben. Darüber hinaus wollen wir unsere Märkte für Endkonsumenten attraktiver machen. Wir haben während der Lockdowns gesehen, dass auch Privatpersonen und Gourmets insbesondere die Qualität in den Bereichen Fleisch, Fisch, Wein und Kaffee sowie die dazu passende fachkundige Beratung in unseren C+C- Märkten sehr schätzen.
Welche Rolle spielt für Sie das Thema Digitalisierung und Innovation?
Lorenz Wedl: Wir werden 2022 weiter in die Bereiche Digitalisierung und Nachhaltigkeit investieren. Aufgrund steigender Energiekosten haben sich die Amortisationszeiten bei Kühlanlagen- oder LED-Umrüstungen deutlich verkürzt. Auch bei der Aufschaltung von Photovoltaikanlagen werden wir weiter Tempo machen. Der E-Commerce-Anteil an unserem Gesamtumsatz ist in den letzten drei Jahren von 31 auf 39 Prozent gestiegen. Vier von zehn Bestellungen von Kunden gehen mittlerweile über unser Online-Bestellsystem ein. Wir sind stolz, unser Unternehmen weiterzuentwickeln und unser Angebot auszubauen.
Wo sehen Sie sich in 5 bis 10 Jahren?
Lorenz Wedl: Wir planen weitere Standorte in Österreich, um unseren Kunden ein noch besseres Netzwerk an flächendeckender Logistikdienstleistung in ganz Österreich anbieten zu können. Der Anteil an Zustellungen wird gleichzeitig weiterwachsen. Auf die Nachfrage reagieren wir mit Investitionen in unseren Fuhrpark und unsere Logistikprozesse. Zudem werden wir unsere Dienstleistungen ausweiten. Wir sind in Zukunft nicht nur Lebensmittelhändler mit einem Vollsortiment, sondern auch Logistiker, kompetenter Berater und unterstützen unsere Kunden auch bei IT-Themen.