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Wie sich Digitalisierung und Nachhaltigkeit besonders im Bereich der stationären Handelsflächen in Einklang bringen lassen, dazu hat das EHI Retail Institute zusammen mit Microsoft Deutschland ein Whitepaper verfasst. Die zentralen Ergebnisse im Überblick.
Für die Handelsunternehmen ist Nachhaltigkeit ein relevantes Thema. Zum einen beeinflusst es in zunehmendem Masse sämtliche Geschäftsprozesse. Zum anderen können Händler durch ihr Nachhaltigkeits-Engagement ihr Profil stärken, was die Kundenbindung unterstützt. Mit zunehmender Digitalisierung der Unternehmenstätigkeiten werden auch neue Möglichkeiten für nachhaltige Prozesse und deren Monitoring geschaffen. Diese digitalen Nachhaltigkeitslösungen für den Handel hat das EHI Retail Institute zusammen mit Microsoft untersucht und dazu das Whitepaper «Sustainable Smart Stores 2021» veröffentlicht.
Effizientes Energiemanagement
So können laut der Studie digitale Lösungen beim Sparen von Energie helfen und damit die Minimierung des CO2-Ausstosses unterstützen. Möglichkeiten eines Einsatzes sieht Xenia Giese, Industry Executive Retail & Consumer Goods bei Microsoft Deutschland und Co-Autorin der Studie, im Bereich der Gebäude- und Gerätesteuerung wie beispielsweise bei der Lichtsteuerung und dem energieeffizienten Lichtmanagement, mithilfe von Lösungen zur Optimierung der Auslastung der Klima- und Kältetechnik, der Strom- und Wärmeerzeugung sowie deren Nutzung. «Darüber hinaus bieten digitale Lösungen auch Möglichkeiten, direkt die operativen Prozesse in der Filiale zu optimieren und nachhaltiger zu gestalten», sagt Giese. Die Expertin sieht unter anderem in der Vermeidung von Schwund durch vorausschauende Überwachung der Kühlgeräte oder die Erfassung des Sortimentes beziehungsweise des Bestandes in Filiale oder Lager mit Hilfe von Sensorik und die vorausschauende Optimierung per Künstlicher Intelligenz als ideale Beispiele für ein nachhaltiges Handeln. Denn dadurch können Ausschuss und gleichzeitig Out-of-Stocks vermieden werden.
Elektronische Preisschilder
Den Ergebnissen der Studie zufolge besteht im Handel Einigkeit darüber, dass Technologie zukünftig einen enormen Beitrag zu nachhaltigen Store-Konzepten leisten kann. Vor allem der Lebensmittelhandel ist laut Giese durch den vergleichsweise hohen Energieverbrauch seiner Filialen dafür prädestiniert. Somit umfassen die «Klassiker» Lösungen, die den Stromverbrauch in den Filialen reduzieren. Im Food-Handel ist dies die Optimierung der Kältetechnik durch vorrausschauende Überwachung. Denn diese verbucht mit 48 Prozent den grössten Anteil des Energieverbrauchs. Darüber hinaus finden immer mehr Elektronische Preisschilder (ESL) Einsatz in allen Handelssparten, weil sie – neben dem positiven Effekt auf die Nachhaltigkeitsbilanz durch Ablösung der gedruckten Preisschilder – auch zahlreiche operative Anwendungsfälle in den Filialen optimieren. So werden Preise am Regal über eine intelligente digitale Steuerung dynamisch angepasst und auf den am Regal vorhandenen ESLs automatisch aktualisiert, um Restbestände vor Ladenschluss optimal abzuverkaufen, anstatt sie im Abfall entsorgen zu müssen.
Edge-Computing-Technologie
Der Betrieb von Smart Stores mit digitalen Anwendungen, basierend auf Sensorik, Künstlicher Intelligenz und Internet of Things (IoT), ist meist energieintensiver als der Betrieb einer nicht oder kaum digitalisierten Filiale. IoT ist laut Oracle die Bezeichnung für das Netzwerk physischer Objekte beziehungsweise Dinge, die mit Sensoren, Software und anderen Technologien integriert sind, um diese mit anderen Geräten und Systemen über das Internet zu vernetzen, sodass zwischen den Objekten Daten ausgetauscht werden können. Für eine optimale Energieeffizienz wäre es laut Giese sinnvoll, die digitalen Lösungen einer Filiale in der Cloud zu betreiben. Schliesslich könnten Hyperscale-Cloud-Rechenzentren mehr Rechenleistung pro Energieeinheit erbringen als On-Premise-Rechenzentren. Gerade bei rechenintensiven Anwendungen wie der Verarbeitung von Sensorik-Daten, Internet of Things und deren Auswertung erfordern viele digitale Lösungen eine Verbindung in die Cloud. In diesen Fällen wäre die Filialbandbreite schnell ausgelastet. Zur Lösung dieses Problems kommt die Cloud-Edge-Computing-Technologie zur Anwendung. Dabei werden erzeugte Daten nahe beim Sensor auf einem dafür vorgesehenen Gerät (auch «Appliance») aggregiert und verarbeitet. Die Prognosefähigkeit über Künstliche Intelligenz wird auf das Gerät übertragen und voreingestellt, damit sie auch ohne Verbindung zur Cloud zur Verfügung steht. Das bedeutet, dass die Verbindung zur Cloud nur für das initiale Anlernen der Künstlichen Intelligenz und bei etwaigen Änderungen notwendig ist, was den Bedarf an Bandbreite reduziert. Um KI-basierte Anwendungen und IoT-Applikationen als Basis für einen Sustainable Smart Store sinnvoll zu nutzen, bedarf es eines technologischen Unterbaus innerhalb der IT-Infrastruktur der Unternehmen. Der EHI-Studie «Technologie Trends im Handel 2021» zufolge sind bereits heute für 48 Prozent der befragten Unternehmen Cloud-basierte Anwendungen von grosser Bedeutung und werden überwiegend aus Gründen der Flexibilität (53 %) genutzt.
Practice
Globus Tschechien optimiert Frische-Nachbestellungen
Bestellentscheidungen für frische Produkte sind diffizil, da Mindestbestellmengen abgenommen, unterschiedliche Lieferlaufzeiten berücksichtigt werden müssen, sowie bei optimalem Bestand die Entsorgung von abgelaufener Ware vermieden werden soll. Globus Tschechien nutzt Blue Yonders Luminate Store Fulfillment, um KI-basierte Nachbestellungen zu erstellen und damit Risiken auszutarieren, so dass weniger Ware bestellt wird, ohne dass es der Verbraucher bemerkt. «Promotionen machen fast die Hälfte des Food-Geschäfts aus: In den Sortimenten mit KI-basierter automatisierter Bestellung von Blue Yonder haben wir 20 Prozent weniger Out-of-Stock, während der Restbestand nach der Promotion um 40 Prozent reduziert wurde», sagt Hans-Jörg Bauer, CEO von Globus CR, v.o.s.