Marke: Quo vadis?

Freitag, 04. Dezember 2015
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Die Marke steht unter Druck. Denn immer mehr Discounter setzen auf Marken, um dem steigenden Qualitätsbewusstsein der Verbraucher gerecht zu werden. Was Marken heute leisten müssen. Ein Interview mit Dr. Wolfgang Adlwarth, Insight Director Consumer Panels bei der Gesellschaft für Konsumforschung.

Marken geraten zunehmend unter Druck. Denn immer mehr Discounter listen Marken, um dem steigenden Qualitätsbewusstsein der Verbraucher gerecht zu werden. Was sind die Gründe hierfür?
Nehmen wir die verstärkten Markenlistungen von Aldi. Hier ist es so, dass Aldi ganz klar von der Strahlkraft dieser Marken profitieren möchte. Er zielt damit tatsächlich auf den wachsenden Teil qualitätsbewusster Haushalte und vor allem auch auf jüngere Konsumentengruppen. Mit dem inzwischen ja auch sehr preisaggressiv platzierten Markenangebot möchte er diesen Konsumentenschichten einen verstärkten Anreiz bieten, seine Filialen aufzusuchen.

Was sind die Gründe dafür, dass eine Marke sich im Discount „verramscht“?
Für eine Marke ist das zunächst einmal hoch attraktiv, da man die große Zahl von Discount-Stammkäufern erreicht, die ansonsten mit der Marke kaum in Kontakt kommen. Das führt in aller Regel schnell zu einer enormen Reichweiten- und Absatzsteigerung. Allerdings besteht natürlich die Gefahr der Verwässerung des Markenimages, denn der Preisabstand zum Marktdurchschnitt und zur Handelsmarke sinkt – und ein Preispremium ist eben immer noch der beste Qualitätszeiger. Eine solche Listung können sich also eigentlich nur Markenikonen leisten, die das auf der anderen Seite durch aufwändige Kommunikationsleistung wieder wettmachen können.

Nach welchen Kriterien kaufen Verbraucher Markenprodukte im LEH ein? Welche Mechanismen greifen beim Einkauf?
Verbraucher kaufen heute immer stärker im Rahmen von Großeinkäufen oder Routine-Versorgungskäufen ein. Dabei handelt er stark nach seinen Gewohnheiten. Dem zuverlässigen Vorhandensein und leichten Auffinden seiner wichtigen Eckmarken kommt deshalb für  die Einkaufsstättenwahl gerade bei diesen hochattraktiven Bons eine wichtige Rolle zu

Welche Zielgruppen sind besonders markenaffin?  
Generell zeigt sich, dass die Markenorientierung mit Alter und sozialem Status steigt. Dennoch sind gerade die bekannten Topmarken auch für jüngere Shopper wichtig.

News

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Vom 24. bis 25. April findet das 125. Markant Handelsforum statt. Zu erwarten sind neben zeitaktuellen Vorträgen und Innovationen für den POS auch ein praxisnaher Austausch.

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Tegut hat das Jahr 2023 mit einem Nettoumsatz von 1,28 Milliarden Euro abgeschlossen und damit das Ergebnis des Vorjahres um 2,44 Prozent übertroffen.

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Nach einem Einbruch zu Jahresbeginn stabilisiert sich die Konsumstimmung in Deutschland jetzt wieder.

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In Österreich können biologische Lebensmittel trotz allgemeiner Teuerungen auf treue Verbraucher zählen.

Statement

Karsten Kilian ist Marken- und Medienprofessor an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt
„Bei vielen Marken gilt es primär, die etablierten Produkte aktuell zu halten und mit dem Markennamen präsent zu sein. Paradebeispiel hierfür ist Ferrero. Wenn sich ein Kunde erst einmal an ein Produkt gewöhnt hat, kauft er es gerne regelmäßig wieder. Denn viele Lebensmitteleinkäufe sind Gewohnheitskäufe. Ist kein Twix mehr da, muss schnell für Nachschub gesorgt werden. Umfangreiche Neugestaltungen der Verpackung sind dabei genauso gefährlich wie grundlose Namenswechsel. Nur wer es als Herstellermarke schafft, beim Kunden eine hohe Begehrlichkeit zu bewahren, bleibt auch am Verkaufsort erfolgreich. Kunden suchen nach starken Marken, bei schwachen Marken wechseln sie zur nächst besten Alternative.“

 

3-Fragen-Interview

Franz-Rudolf Esch ist Direktor, Institut für Marken- und Kommunikationsforschung, EBS Business School, Oestrich-Winkel

Die Grenzen zwischen Marken und Handelsmarken scheinen immer mehr zu verschwimmen. Welche Rolle spielen echte Traditionsmarken im Bewusstsein der Verbraucher?
Grundsätzlich unterscheiden Verbraucher nur zwischen starken und schwachen Marken, unabhängig davon, ob die Marke vom Hersteller oder vom Handel stammt. Die dm-Marke Balea ist deshalb eine starke Marke, ebenso wie Nivea. Was Traditionsmarken allerdings den meisten Handelsmarken voraushaben, ist die Tatsache, dass man mit vielen dieser Marken von Kindheit her vertraut ist und eine entsprechende Bindung zu diesen Marken aufgebaut hat.

Braucht der Verbraucher heute überhaupt noch echte Marken?
Der Verbraucher braucht heute mehr denn je echte Marken im Sinne von starken Marken. Dies liegt daran, dass die Angebotsvielfalt steigt, die Kommunikationsflut steigt und die Digitalisierung trotz aller positiven Möglichkeiten des Rückgriffs auf Informationen wann, wo und wie man will dies noch einmal exponenziell erhöht. Gerade dann suchen Menschen nach Orientierung durch starke Marken.

Wie kann eine Marke denn ihren Markenkern bewahren?
Marken können sich in Zeiten des Wandels nur dann ihren Markenkern bewahren, wenn sie sich selbst treu bleiben und nicht jedem Trend wild folgen. Sich selbst treu bleiben, heißt aber nicht, veränderungsresistent zu sein. Vielmehr bedarf es schon einer ständigen Anpassung an sich wandelnde Markt- und Kommunikationsbedingungen, allerdings aus dem Kern der Marke heraus.