Individuell statt Standard

Mittwoch, 11. März 2020
Foto: Adobe Stock (lecic)

Aus dem Trend zur Personalisierung von Lebensmitteln und Ernährung ergeben sich vielfältige Herausforderungen, aber auch Chancen für den LEH. Eine Studie der DLG liefert dabei Antworten auf zentrale Fragen.

Die Personalisierung von Produkten entwickelt sich zum globalen Megatrend. In fast allen Bereichen wünschen sich die Verbraucher mehr als nur eine Palette an Standardprodukten. Sie suchen nach Erzeugnissen, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) hat in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Holger Buxel (Fachhochschule Münster)­ 2019 eine Studie zum Thema «My Food – Personalisierung und Ernährung» durchgeführt. Allerdings wird das Potenzial personalisierter Artikel durch die grosse Angebotsvielfalt begrenzt. Ferner sind Investitionen in veränderte Prozesse und Anlagen erforderlich. Die Kernaussagen der Studie im Überblick:

Personalisierte Lebensmittel: Trotz der oftmals grossen Sorten- und Variantenvielfalt im Supermarkt werden die individuellen Bedürfnisse vieler Verbraucher durch das bisherige Angebot im Markt laut der Studie nur mit Einschränkungen abgedeckt: Jeder dritte Befragte (34 %) stimmt der Aussage zu, dass es bei verpackten Lebensmitteln Sortimentsgruppen gibt, bei denen er im Supermarkt oft Probleme hat, ein Produkt zu finden, das gut zu seinen persönlichen Bedürfnissen passt. Zudem gibt jeder vierte Befragte (26 %) an, dass es häufig oder sehr häufig vorkommt, dass er im Supermarkt aus einer Lebensmittelgruppe etwas kaufen möchte und auch vor einer grösseren Auswahl verschiedener Produkte steht, aber trotzdem nichts kauft, weil die angebotenen Produkte nicht zu den persönlichen Bedürfnissen passen.

Personalisierter Geschmack

Entsprechend äussern 36 Prozent der Verbraucher, dass Angebote einer Personalisierung des Geschmacks für sie interessant sind. Als relevante Produkt(-gruppen) werden vor allem Joghurts, Fertiggerichte, Wurst, Fleisch, Pizza und Käse genannt. Das Interesse an personalisierten Lebensmitteln zeigt sich auch im Kaufverhalten der Verbraucher. Rund 40 Prozent der Konsumenten haben schon einmal ein Produkt gekauft, die den Bedürfnissen und Vorlieben im Hinblick auf den Geschmack entsprach.

Personalisierte Ernährung: Das Interesse an gesunder Ernährung sowie die wahrgenommene Sinnhaftigkeit einer personalisierten Ernährung spiegeln sich im Interesse der Verbraucher an personalisierten Ernährungsempfehlungen wider. So können sich 45 Prozent der Befragten sehr gut vorstellen, Angebote zu nutzen, die für sie personalisierte Ernährungsempfehlungen erstellen. Dabei stehen zugeschnittene Empfehlungen von Zutaten/Nährstoffen (18 %), Rezeptempfehlungen (17 %) und Ernährungspläne (12 %) besonders hoch in der Gunst der Verbraucher. Auch personalisierte Lebensmittel, die von den Herstellern speziell an die individuellen Ernährungsbedürfnisse des Einzelnen angepasst werden, stossen auf Interesse (40%). Ferner stimmen 39 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass sie sich durch personalisierte Lebensmittel vermutlich besser und gesünder ernähren würden, als sie es heute tun.

Somit zeigt sich insgesamt, dass breite Verbrauchergruppen sowohl einem Angebot von personalisierten Ernährungsempfehlungen als auch Lebensmitteln grundsätzlich interessiert und recht positiv gegenüberstehen, was sich auch in der Akzeptanz von konkreten Angeboten der personalisierten Ernährung zeigt. Beispielsweise kann sich bei einem Angebot der Erstellung und monatlichen Zusendung von personalisierten Nahrungsergänzungs-Paketen bei einem Preis von 30 bis 40 Euro pro Monat noch etwa jeder Vierte (27 %) eher oder sehr gut vorstellen, das Angebot zu nutzen.

Digitalisierte Ernährung

Personalisierung beim Lebensmitteleinkauf und Ernährungs-Apps: Die Nutzung von Apps rund um die Themen Ernährung, Essen und Trinken sowie die geäusserte Offenheit gegenüber Apps für eine personalisierte Ernährung legen nahe, dass für die Umsetzung konkreter Angebote von personalisierten Ernährungsempfehlungen digitale Online-Ansätze in der Zukunft vielversprechend sein können. So sind Apps von Händlern, die Kunden zum Einkaufen und zur Personalisierung ihres Einkaufserlebnisses am POS nutzen können, für viele Verbraucher interessant. Knapp jeder zweite Befragte (48%) kann sich gut oder sogar in jedem Fall vorstellen, eine App eines Lebensmittelhändlers zu nutzen, die Funktionen zur Vereinfachung des Einkaufens im Laden und zur stärkeren Personalisierung des Einkaufserlebnisses bietet. Besonders App-Funktionen sind gefragt, die dem Shopper anzeigen, in welchem Regal ein Produkt liegt, wie er dort am schnellsten hinkommt und die ihm zu Produkten weitergehende Informationen anzeigen. Auch eine App-Funktion als digitale Kundenkarte, mit der an der Kasse Einkäufe gespeichert werden, um später Rabatte oder Prämien zu erhalten, finden viele Befragte nützlich. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass sowohl Angebote zur Personalisierung des Einkaufserlebnisses im LEH als auch Ernährungs- und Lebensmittel-Apps eine zunehmende Verbreitung finden werden. Damit wird auch eine Veränderung des Such- und Kaufverhaltens bei Lebensmitteln einhergehen, welche für Hersteller und Händler neue Chancen, aber auch Risiken mit sich bringen werden.

News

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Vom 24. bis 25. April findet das 125. Markant Handelsforum statt. Zu erwarten sind neben zeitaktuellen Vorträgen und Innovationen für den POS auch ein praxisnaher Austausch.

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Tegut hat das Jahr 2023 mit einem Nettoumsatz von 1,28 Milliarden Euro abgeschlossen und damit das Ergebnis des Vorjahres um 2,44 Prozent übertroffen.

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Nach einem Einbruch zu Jahresbeginn stabilisiert sich die Konsumstimmung in Deutschland jetzt wieder.

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In Österreich können biologische Lebensmittel trotz allgemeiner Teuerungen auf treue Verbraucher zählen.

Info

Sieben Gründe, warum personalisierte Lebensmittel stärker gefragt sein werden

  • Steigender Online-Handel und Nutzung von Apps für den privaten Lebensmitteleinkauf
  • Wunsch der Konsumenten nach kurzen Lieferzeiten
  • Produktion vor den Augen des Konsumenten mit maximaler Transparenz
  • Wunsch nach Produkten mit individuellen sensorischen Eigenschaften
  • Digitale Anwendungen für Verbraucher und Nutzung von Wearables (Apps) für den persönlichen «Healthscore» und um persönliche Vorlieben zu kommunizieren
  • Einsatz von künstlicher Intelligenz

Digitalisierung macht die «Losgrösse 1» möglich

 

Info

Sechs typische Angebote einer Personalisierung bei Lebensmitteln

  • Geschmack: Individuelle Wahl der Früchtemischung bei Fruchtjoghurt
  • Zutaten: Joghurt wahlweise laktosefrei, mit oder ohne Vitaminzusätzen
  • Produktform: Form bei
  • Keksen wahlweise eckig, rund oder in Form von Buchstaben
  • Verpackungsdesign: Individuell gestaltetes Etikett bei Marmelade, bspw. zum Verschenken
  • Produktmenge: Individuell abgefüllte Produktmenge
  • Convenience: Pizza-Fertigteig wahlweise ohne oder schon mit fertiger Tomatensauce in der Verpackung; Reibekuchenteig wahlweise ungeformt oder schon in Pufferform

 

Info

Beispiele für personalisierte Lebensmittelangebote
Müsli (Baukasten)
Zusammenstellung von Müsli nach den eigenen Geschmacksvorlieben aus unterschiedlichen Zutaten, direkt am Point of Sale.  Auch bei Süsswaren ist dieses Angebot anwendbar.

Fruchtgummi (Produktform)
Eine Fruchtgummi-Marke bietet die Möglichkeit, Fruchtgummis auf Wunsch in selbst gewählten Formen und Farben zu produzieren, bspw. in Form von Sternen, Herzchen oder Buchstaben. Im Internet kann  aus verschiedenen Vorlagen die gewünschte Form und Farbe für die Fruchtgummis ausgewählt werden. Über das Internet wird die Süssigkeit bestellt, bezahlt und wahlweise nach Hause oder in den nächstgelegenen Supermarkt zur Abholung geschickt. Das Angebot ist auch für Gebäck wie Kekse adaptierbar.

Kaffee (Geschmack und Zutaten)
Eine Kaffee-Marke bietet die Möglichkeit, Kaffee nach den eigenen Geschmacksvorlieben herzustellen. Dazu wird im Internet die gewünschte Kaffee­sorte und Kaffeebohne aus verschiedenen Ländern der Welt ausgewählt. Anschliessend können dem Kaffee verschiedene Aromen (z.B. Himbeere, Vanille, Schokolade, Chili, Karamell) hinzugefügt werden. Im letzten Schritt besteht die Möglichkeit, für die jeweilige Zubereitungsmethode den entsprechenden Mahlgrad auszuwählen (z. B. ganze Bohnen, für Filtermaschine). Der Kaffee wird über das Internet bestellt, bezahlt und wahlweise nach Hause oder in den nächstgelegenen Supermarkt zur Abholung geschickt. Denkbar ist diese Personalisierung auch bei Fruchtsäften.

Quelle: DLG, Studie «My Food – Personalisierung und Ernährung», 2019