Fotos: Messe Düsseldorf (Constanze Tillmann)
Shops ohne Kassen, Waagen, die mit dem Kunden sprechen, und Regale, die ihren Nachschub selber ordern: Die EuroShop-Aussteller lieferten sich ein Rennen um den «smarten» POS der Zukunft.
Im Februar zeigte die EuroShop in Düsseldorf wieder die internationalen Innovationen für den Handel. Die digitale Transformation zog sich wie ein roter Faden durch alle Hallen. Selbst beim «klassischen» Ladenbau machen Künstliche Intelligenz (KI) und Internet of Things (IoT) nicht Halt. Auf mehr als 127 000 Quadratmetern deckten rund 2300 Aussteller aus 57 Ländern den kompletten Investitionsbedarf der Retailbranche ab – und lockten damit 94 000 Fachbesucher aus 142 Ländern an den Rhein. Anfang 2018 machte Amazon Schlagzeilen mit seinem ersten kassenlosen Laden «Amazon Go». Inzwischen gibt es davon 15 in den USA, und im Februar eröffnete in Seattle das erste Grossformat «Amazon Go Grocery» mit fast 1000 Quadratmetern und rund 5000 Produkten. Die in den kassenlosen Shops verbaute Technik erkennt, welcher Kunde welche Produkte aus den Regalen nimmt, diese in seinen Einkaufskorb packt oder ins Regal zurücklegt. Der gesamte Einkauf wird vollautomatisch verfolgt, in einem virtuellen Einkaufskorb gesammelt und anschliessend mit Hilfe der Amazon-Go-App online bezahlt. Inzwischen testen immer mehr Einzelhändler auf der ganzen Welt kassenlose Geschäfte, und auch auf der EuroShop war das ein grosses Thema.
So zeigte Toshiba die neueste Version seines «Frictionless Store». Die Lösung von Toshiba überrascht mit Geschwindigkeit, sie wickelt dank Edge-Computing im Store alle Vorgänge in Echtzeit ab. Direkt am Rand (Edge) des lokalen Netzwerks im Shop übernimmt ein Rechner die Datenverarbeitung, statt diese auf langen Wegen über Zentralrechner oder die Cloud abzuwickeln. Toshiba setzt im Store Hochleistungskameras und «intelligente» Matten auf den Regalböden ein. Die Matten sind mit Sensorpunkten bestückt, die anhand von Gewicht und Stellflächen-Geometrie das Produkt identifizieren. Im Zusammenspiel mit den Kameras werden die Bewegungen der Kunden und Produkte exakt verfolgt, die Einkäufe protokolliert und mit automatischer Zahlung zum Abschluss gebracht. Christoph von Lingen, Vertriebsleiter bei Toshiba Deutschland, zeigt sich überzeugt, dass der deutsche Handel in den nächsten zwei Jahren Anwendungen des «Frictionless Stores» einsetzen wird.
Obst- und Gemüsewaagen, die mit dem Kunden sprechen – das gab es bei Mettler-Toledo zu sehen. Fragt ein Kunde «Alexa, woher kommt der Apfel?», folgt prompt die Antwort: «Guten Tag, ich bin ein Elstar und komme aus Deutschland.» Diese in Kooperation mit dem Digital-Signage-Spezialisten Online Software AG entwickelte Lösung basiert auf KI und kann sogar noch mehr als sprechen: Mit Hilfe einer integrierten Kamera erkennt die Waage automatisiert das aufgelegte Obst und Gemüse, und zwar dank neuer Hard- und Software viel treffsicherer als frühere Modelle.
Mit futuristisch anmutenden Konzepten war auch der Ladenbauer Wanzl auf die Messe gefahren und zeigte dort unter anderem Kleinstflächenformate für eine kassen- und bedienungslose Rund-um-die-Uhr-Versorgung. «Das Konsumverhalten hat sich in den letzten Jahren massiv geändert. Kunden wollen sofortige Verfügbarkeit und Einkaufen möglichst rund um die Uhr», so Dr. Klaus Meier-Kortwig, Vorsitzender der Wanzl-Geschäftsführung. Zu den smarten Systemen zählt auch das Regal «wire tech 100 i» mit eingebauter automatischer Bestandsüberwachung. Neu ist der «Scan Trolley», mit dem Kunden ihre Artikel direkt am Einkaufswagen scannen und später per App bezahlen können. Des Weiteren präsentierte Wanzl Einkaufswagen und -körbe, die ausschliesslich aus Kunststoffen gefertigt werden, die unter anderem über den Grünen Punkt gesammelt wurden.
Die Shopbeleuchtung bleibt, so offenbart auch der aktuelle «EHI Energiemonitor 2020», unverändert einer der wichtigsten Investitionsschwerpunkte im Handel. Auf der EuroShop zeigten allein in diesem Bereich rund 120 Aussteller ihre Konzepte. Smarte Lichtlösungen sollen dem Handel dabei helfen, attraktiver als der Wettbewerb zu sein. «Emotionalisierung und Eventisierung sind die Richtung, die wir als Antwort darauf alle verfolgen», bestätigt Oktalite diese Stossrichtung. Bäro betont, dass auch die Lichtqualität ein Brennpunkt des aktuellen Forschungsinteresses sei. «Wir richten unser Augenmerk heute stärker auf die Qualitäten der LED in Sachen spektrale Zusammensetzung und Lichtlenkung», so ein Sprecher von Bäro.
Weil die Umsätze der Handelsgastronomie von Jahr zu Jahr steigen und inzwischen nach EHI-Zahlen bei rund zehn Milliarden Euro liegen, hat die Messe Düsseldorf extra dafür den neuen Bereich «Food Service Equipment» eingerichtet. Viele Aussteller deckten die gesamte Bandbreite der Gastro- und Küchentechnik ab. Obwohl wegen des Coronavirus weniger Besucher als erwartet gekommen waren, zeigten sich die Aussteller am Ende der EuroShop durchweg zufrieden. «Unsere Erwartungen wurden weit übertroffen», sagte Dr. Oliver Blank, Geschäftsführer der Aichinger GmbH. Rundum zufrieden auch Dr. René Schiller, Kommunikationschef der GK Software SE: «Die EuroShop hat es in diesem Jahr wieder geschafft, unsere hohen Erwartungen zu erfüllen.»