Aus Alt mach Neu

Donnerstag, 30. Januar 2025
Foto: Mike Abmaier

Beim Neu- und Umbau seiner Märkte stehen dem Handel zunehmend nachhaltige Materialien zur Verfügung. Wie diese genutzt werden können, zeigen aktuelle Projekte von Markant Partnern, die auch wichtige Erkenntnisse für die Zukunft liefern. 

Nachhaltige Materialien spielen im Ladenbau eine grosse Rolle. Stahl zum Beispiel war schon immer nachhaltig, denn das Material ist äusserst langlebig und kann immer wieder recycelt und aufgearbeitet werden. Auch Holzprodukte können mit gutem Gewissen eingesetzt werden, betont der Deutsche Ladenbau Verband (dLv). Spanplatten bestehen heute zu einem überwiegenden Teil oder sogar, je nach Anbieter, zu 100 Prozent aus recycelten Stoffen. Massivholz für Möbel gibt es aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Die beiden international anerkannten Siegel FSC und PEFC ermöglichen den internationalen Bezug von Holz aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung. Angela Krause, Leiterin der dLv-Geschäftsstelle, kennt viele konkrete Anwendungen: «Bei den Bodenbelagsherstellern zum Beispiel wird Verschnitt oder auch der Rückbau alter Böden komplett recycelt und fliesst wieder in den Kreislauf zurück nach dem Prinzip Cradle to Cradle.» Das Angebot sei da, so Krause. Was aber letztendlich im Store eingebaut wird, das hänge massgeblich von den Anforderungen der Kunden an nachhaltige Materialien ab. 
 
Händler mit nachhaltiger DNA
Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass bereits bei der Produktion – auch von herkömmlichen Ladenbau-Elementen – möglichst ressourcenschonend gearbeitet wird. Der Verband betont, dass seine Mitgliedsbetriebe seit langem auf nachhaltiges Wirtschaften im eigenen Betrieb achten (s. Info). Was diese aus Eigenantrieb leisten, wird auch von den Kunden im Handel geschätzt. 
 
Manche Händler erwarten konkrete Nachweise über das betriebsinterne Nachhaltigkeitsmanagement, insbesondere grosse Retailer sind an diesem Thema  interessiert. «Wer wie zum Beispiel Alnatura oder VAUDE (Outdoor-Ausrüster) die Nachhaltigkeit als DNA des Geschäftes begreift, hat schon immer darauf geachtet, nachhaltig zu bauen und dafür die geeigneten Lieferanten beschäftigt», sagt Angela Krause. Markant Partner Alnatura legt bei der Gestaltung seiner Märkte grossen Wert auf Nachhaltigkeit. So besteht die Ladeneinrichtung in allen Märkten vorwiegend aus Holz, Natursteinfliesen und recycelten Materialien sowie Naturfarben.
  
Nachhaltige Werkstoffe
Umweltfreundliche Materialien rücken unübersehbar in den Fokus von Forschung und Entwicklung. Sie spielen eine entscheidende Rolle dabei, den ökologischen Fussabdruck von Bauprojekten und Store Designs zu minimieren – und damit die Ökobilanzen der Händler zu optimieren. Die Firma Umdasch Store Makers ist der Frage nachgegangen, welche nachhaltigen Werkstoffe bereits verfügbar sind. Die Erkenntnisse wurden auf der EuroShop 2023 in einer Befragung und im Ideenwettbewerb «Plant an idea» der relevanten Aussteller gewonnen. Ergebnis: Nachhaltige Werkstoffe können nachwachsend sein, aber auch recycelt. Sie können ressourcenschonend, recyclingfähig, fair oder energiesparend produziert, emissionsarm oder wohngesund sein. Kurzum: «Nachhaltigkeit hat viele Dimensionen und das ‹eine› nachhaltige Material, das alle Kriterien erfüllt, gibt es nicht.»
 
Innovative High-Tech-Verfahren
Die Umdasch-Studie kommt auch zur Erkenntnis, dass der Kontext seiner Verwendung entscheidet, wie nachhaltig ein Werkstoff ist. Faktoren wie Nutzungsdauer, Einsatzort und Verwendungsart spielen eine Rolle. Hinzu kommt noch eine weitere Dimension: Nachhaltige Materialien spielen auch eine entscheidende Rolle für das Erscheinungsbild und die Atmosphäre eines Geschäfts, tragen zur Aufenthaltsqualität bei und können die Markenbotschaft unterstreichen. Ein innovativer Ansatz in der Holzverarbeitung ist 3D-gedrucktes Holz. Dieses Material wird aus Holzabfällen hergestellt, bindet CO2 und ist vollständig biologisch abbaubar. Zudem kann es nach Gebrauch wiederverwendet und erneut gedruckt werden, was seine Nachhaltigkeit weiter steigert. Solche «New Materials» können den Markt revolutionieren. «Sie bestehen aus Abfällen, sind unendlich recyclingfähig, ressourcenschonend, erzeugen kaum Produktionsabfälle und entstehen meist durch die Verarbeitung eines ökologischen Low-Tech-Materials mit einem innovativen High-Tech-Verfahren», erläutert Umdasch.
 
Digitale Materialdatenbank
Umdasch hat die digitale Materialdatenbank ECOlib angelegt, die inzwischen mehrere Hundert umweltfreundliche Werkstoffe, einschliesslich Details zu Herstellern, Materialeigenschaften und Nachhaltigkeitsfaktoren umfasst. Die ECOlib dient den Planern beim internen Wissensaustausch, wird aber auch den Kunden im Rahmen von Beratungsprojekten und Workshops zugänglich gemacht. Während die Aufnahme von Materialien in die Datenbank ein wichtiger Schritt ist, zählt letztendlich ihre praktische Anwendbarkeit. Erfahrungswerte über die Verarbeitung und Eignung der Materialien werden entweder direkt aus konkreten Projekten festgehalten oder durch gezielte Materialtests im eigenen Innovation Hub in Duisburg gewonnen. Bei den Händlern sei die Nachfrage inzwischen deutlich spürbar, so ein Unternehmenssprecher: «Recycelte Materialien werden inzwischen immer öfter von unseren Kunden gefordert und von uns im Designprozess vorgeschlagen. Glücklicherweise beobachten wir, dass immer mehr unserer Lieferanten auf den Zug aufspringen und den Recyclinganteil in ihren Materialien erhöhen.»
 
Recycling-Folie robuster als Original
Zu den Vorreitern im Handel gehört Kaufland. Der Markant Partner verfolgt seit längerem eine Nachhaltigkeitsstrategie beim Bauen. Im Oktober 2024 wurde in Tuttlingen ein neuer Markt eröffnet, bei dessen Bau gleich sieben verschiedene recycelte Materialien zum Einsatz kamen, unter anderem für Wände, Fassadenteile, Dämmung und Dachabdichtung. Sie wurden aus Abbruchmaterial, Abfall oder nachwachsenden Rohstoffen produziert. Die Abdichtungsplane auf dem Dach beispielsweise besteht zu 60 Prozent aus recycelten Plastikfolien, die als Verpackungsmaterial in der Logistik verwendet wurden. Laut Kaufland hält sie sogar länger als herkömmliche Planen. Die Pflastersteine auf dem Parkplatz bestehen zu 40 Prozent aus mineralischen Abfallstoffen. Rammschutzelemente im Lager bestehen komplett aus recyceltem Kunststoff. Mit recyceltem Baumaterial wird vor allem «graue Energie», also jene, die für die Produktion von Materialien benötigt wird, reduziert und damit CO2 eingespart. Tuttlingen sei ein ganz besonderer Standort für das Unternehmen, sagt Robert Pfizenmayer, Immobilienentwicklung Kaufland Süd. «Hier können wir prüfen und lernen, wie sich Bauweise und Materialien in der Praxis bewähren. Auf diese Weise gewinnen wir wichtige Erkenntnisse und Erfahrungen, die wir für zukünftige Projekte nutzen können.»
 
Nachhaltigkeit als Leitmotiv
«Nachhaltigkeit ist wesentlicher Teil unserer Unternehmenskultur», lautet das Leitmotiv von Alnatura. Im Ladenbau verwendet der Bio-Händler natürliche, umweltschonende und recycelte Materialien. Die Böden in Cotto-Optik bestehen aus natürlichen Rohstoffen, die Regale werden aus deutschem Fichtenholz gefertigt, und die Decken bestehen aus über 75 Prozent recyceltem Aluminium. dm-drogerie Markt geht ebenfalls neue Wege bei Bau und Einrichtung seiner neuen Märkte. Der Markt in Aidlingen etwa wurde in Holz-Hybrid-Bauweise errichtet. Die Ladenmöbel bestehen grösstenteils aus organischen, effizient verbauten Stoffen und sind besonders materialsparend gestaltet. Teilweise verwertet dm auch ehemalige Ladenbauteile, die etwa bei Umbauten oder Modernisierungen anfallen, neu.
 
Demontierbare Holzbauweise
 Im Juli 2024 setzte der Markant Partner im badischen Neuried mit dem Spatenstich eines neuen Marktes einen weiteren Meilenstein für sein zukunftsfähiges Bauen, und zwar mit modularer und rückbaubarer rein hölzerner Bauweise. Kreislauffähigkeit bedeutet laut dm, dass der Markt in Neuried nicht etwa bei seiner Eröffnung im Frühjahr 2025 «zu wahrer Vollendung findet», sondern erst sehr viel später, wenn die demontierbaren Holzbauteile weiterverwertet werden. Nach einer Analyse verschiedener Holzbausysteme wird hier eine Brettsperrholzwand in Kombination mit Holzstützen verbaut. Damit lassen sich unter anderem die vergleichsweisen dünnen Wände besser vorfertigen, was die Montage erheblich beschleunigt. «Wir haben uns bewusst für den nachwachsenden Rohstoff Holz entschieden, da er CO2 bindet und somit den ökologischen Fussabdruck deutlich reduziert», heisst es bei dm. Darüber hinaus zeichnet sich der Markt durch nachhaltige Möblierung, eine Photovoltaik-Anlage, innovative wassergeführte Hauskühltechnik und grossflächige Dachbegrünung aus. Wie sagt Angela Krause vom dLv so treffend: «Das Thema Nachhaltigkeit im Ladenbau ist wahrlich ein weites Feld.»

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Info

Die produzierenden Betriebe im Deutschen Ladenbau Verband (dLv) achten seit langem auf nachhaltiges Wirtschaften im eigenen Betrieb. Wer Holz ver-arbeitet, nutzt den Späneabfall zur Beheizung des Betriebes. Viele Unternehmen benötigen keine zusätzlichen Heizquellen. PV-Anlagen gehören zum Standard. Vom teilweisen elektrifizierten Fuhrpark über sparsame Verpackung bis hin zu E-Bikes für die Mitarbeiter gibt es alle möglichen Angebote, um den Nachhaltigkeitsgedanken in den Betrieben nach vorn zu bringen. Viele der dLv-Unternehmen haben über Ökoprofit den Weg in ein systematisches Energie- und Nachhaltigkeitsmanagement gefunden. Je nach Bundesland gibt es verschiedene geförderte Angebote, um Ressourcen zu schonen. Diese werden nach Kenntnis des Ladenbau-Verbandes auch gut angenommen.  
 
 

EU-Ziele

In der EU fallen jedes Jahr 2,1 Milliarden Tonnen Abfall an, wie die Statistik von Eurostat ausweist. Nach den EU-Zielen bis zum Jahr 2030 müssen 60 Prozent der von den Kommunen gesammelten und behandelten Alltagsabfälle wiederverwendet oder recycelt werden. Das erfordert ein konsequentes Umdenken hin zur Kreislaufwirtschaft. Ob Kunststoffe, Verpackungen oder Altkleidung: Fast alles kann heutzutage recycelt werden und zum Ausgangsmaterial für Werkstoffe werden – auch im Ladenbau. «Besonders bei der Gestaltung von Verkaufsflächen und anderen Räumen können recycelte Materialien interessante optische Akzente setzen», so die Ladenbauer von Umdasch, die sich mit diesem Thema intensiv beschäftigen.