Nestlé: Taktgeber für die Branche

Donnerstag, 25. Februar 2016
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Nestlé feiert 150-jähriges Jubiläum. Béatrice Guillaume-Grabisch, Vorstandsvorsitzende Nestlé Deutschland, über die DNA, die Zukunft und nachhaltigen Erfolg des größten Lebensmittelherstellers.

Sie feiern dieses Jahr 150-jähriges Jubiläum. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Ein Unternehmen muss einen Mehrwert schaffen, um langfristig erfolgreich zu sein. Und zwar für die Mitarbeiter und Anteilseigner, ebenso wie für die Gemeinden, in denen man agiert und für die Gesellschaft. Wir bezeichnen das als "Gemeinsame Wertschöpfung". Sie bildet die Grundlage unseres Handelns. Dazu kommen innovative Produkte in jeder Kategorie, unser Qualitätsversprechen im Rahmen der Qualitätsinitiative „Q4“, unsere Passion für Ernährung. Auch soziale Verantwortung und nachhaltige Beschaffung unserer Rohstoffe sind Schlüsselfaktoren für den Erfolg. Die Orientierung an wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Bedürfnissen der Menschen bildet gewissermaßen die DNA unseres Unternehmens, war schon immer ein wichtiger Erfolgsfaktor und prägt Nestlé noch heute.

Auf was darf man besonders im Jubiläumsjahr gespannt sein?
Wir bringen zahlreiche Innovationen auf den Markt und zwar über alle Geschäftsbereiche hinweg. Dabei stehen vor allem die Themen Premium und bewusste Ernährung im Vordergrund. Darüber hinaus treiben wir die digitale Transformation im Unternehmen weiter voran und sind damit ein wertvoller Partner für den Handel. Im Nestlé Competence Center können wir unser Wissen zum Beispiel interaktiv mit unseren Partner teilen und gemeinsam bessere Ernährungs-, Kommunikations- und Präsentationskonzepte erarbeiten. Wir sind so in der Lage, uns frühzeitig auf neue Technologien einzustellen und bringen unseren Kunden etwa neue virtuelle Lösungen für den Verkaufsort oder die Ansprüche an die Küche der Zukunft näher.

Vor dem Hintergrund Ihres Jubiläums - Retromarken liegen im Trend. Gehen Sie den Trend mit?
Viele unserer Marken sind schon seit vielen Jahren – teils Jahrzehnten – beliebte Klassiker. Unser Erfolgsrezept ist, dass wir sie stets behutsam, aber zeitgemäß weiterentwickeln. Dazu zählen Produkte wie Mövenpick Maple Walnuts oder das Yes-Torty, die zum Beispiel durch Auftritte in den Sozialen Medien auch heute noch neue Fans dazu gewinnen. Manche der Klassiker feiern in diesem Jahr ebenfalls Jubiläum. Das Eis "Bum Bum" wird beispielsweise 30 Jahre alt. 

Wie rüsten Sie Ihre Marken für die Zukunft?
Drei Aspekte sind für unsere Marken in Zukunft essentiell: Qualität, Innovationen und Markenkommunikation.

Wissen Verbraucher Qualität denn zu schätzen?
Wir sind davon überzeugt, dass Verbraucher verlässliche Qualität zu schätzen wissen. Ihr Anspruch an Qualität ist aber differenzierter und vielfältiger als früher. Lebensmittelsicherheit und guter Geschmack sind selbstverständlich. Heute gehören für sie zunehmend auch gesundheitliche Aspekte, sowie die Themen Umwelt und Gesellschaft dazu. Verantwortungsvolles Handeln eines Unternehmens ist den Menschen wichtig. Mit unseren Marken bedienen wir diese Anforderungen und sehen uns hier klar als Taktgeber für die Branche.

Welche Rolle spielt in diesem Kontext Innovation?
Innovationen sind für Nestlé das Lebenselixier erfolgreicher Marken. Durch ein umfassendes Innovationsprogramm für unsere Marken geben wir auch künftig vielfältige Wachstumsimpulse in die Märkte.

Was muss denn heute eine erfolgreiche Marke leisten?
Gute Marken geben den Menschen neben einem funktionalen Nutzen auch einen emotionalen Mehrwert, der ganz unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Daher investieren wir für unsere strategische Marken gezielt in Markenkommunikation, die ja längst nicht mehr nur aus TV-Spots und Anzeigen besteht, sondern vor allem im Digitalen mit immer neuen kreativen Kampagnen überzeugt.

Welche Trends werden Ihrer Meinung nach die nächsten Jahre die Ernährungswelt bestimmen?
Der digitale Wandel verändert die Art und Weise, in der wir essen und einkaufen. Wir wissen, dass bereits ein Drittel der Verbraucher mehr oder weniger regelmäßig Lebensmittel oder Tiernahrung über das Internet bestellt und wir rechnen damit, dass der Online-Einkauf von Lebensmitteln schon bald ganz selbstverständlich zu den alltäglichen Einkaufskanälen gehören wird. Zudem wird die Ernährung verstärkt Ausdruck des persönlichen Lebensstils und für die Menschen in Deutschland emotionaler und individueller. Außerdem wird sie auch mehr und mehr zum Statussymbol und Ausdruck der persönlichen Weltanschauung.Ferner legen Konsumenten mehr Wert auf Qualität und beurteilen Qualität von Lebensmitteln längst nicht mehr nur nach Kriterien wie Frische und Geschmack. Zunehmend sind ihnen auch ethische, soziale und nachhaltige Aspekte bei der Erzeugung von Lebensmitteln wichtig. Es ist ein gutes Signal, dass Qualität in Deutschland differenzierter beurteilt wird und Verbraucher auch einen höheren Preis für qualitativ höherwertige Produkte akzeptieren.

Nestlé verknüpft die Themen Ernährung, Gesundheit und Wohlbefinden stark. Gleichzeitig kommt der Trend zur Selbstoptimierung immer stärker beim deutschen Verbraucher an. Werden Sie in den kommenden Jahren mehr funktionelle Lebensmittel auf den Markt bringen?
Das Thema gesunde Ernährung spielt seit Jahren eine zentrale Rolle in unserer Strategie. Mit dem weltweit größten Forschungsetat im Bereich Lebensmittel sind wir sehr gut aufgestellt, die entscheidenden Impulse zu geben. Wir legen unseren Fokus darauf, Produkte anzubieten, die schmecken und einen Beitrag zur ausgewogenen Ernährung leisten. Dafür überarbeiten und verbessern wir fortwährend unsere Produkte, Rezepturen und Nährwertprofile. Im Rahmen der „New Maggi“ haben wir zum Beispiel im Jahr 2015 etwa 150 Rezepturen verbessert, dabei Salz und gesättigte Fettsäuren reduziert und verständlichere, für den Verbraucher nachvollziehbare Zutaten verwendet. Hinzu kommen Produkte, die speziellen Ernährungsweisen entsprechen, wie etwa laktose-, gluten- oder fleischfrei. Die Nachfrage nach medizinisch wirksamen Zusätzen in Lebensmitteln halte ich in Deutschland – im Gegensatz zu anderen Ländern – für eher gering.

Wie passen Ihrer Meinung nach Food und Social Media zusammen?
Vor dem Hintergrund einer sich wandelnden Gesellschaft ist die Anzahl der gemeinsam eingenommenen Mahlzeiten an heimischen Esstischen rückläufig. Den Menschen in Deutschland ist Gemeinschaft beim Essen aber nach wie vor enorm wichtig, das zeigt unsere Nestlé Studie 2016 ganz deutlich: Neun von zehn Befragten finden Essen zusammen mit anderen am schönsten. Doch im Vergleich zu früher hat sich das Verständnis von Gemeinschaft in den letzten Jahren um eine neue Dimension erweitert: die digitale Gemeinschaft. Wer möchte, holt sich Freunde oder Familie virtuell an den Tisch und lässt sie an der allein genossenen Mahlzeit teilhaben. Er kann Fotos seines Essens oder sogar das Rezept dafür teilen und handelt so auch ohne direktes Gegenüber als „Social Eater“. Auf diese Weise kann man Teil einer Gesellschaft sein, selbst wenn die Mahlzeit alleine verzehrt wird. Möglich machen es die digitalen Medien und sozialen Netzwerke.

Emotion und Inspiration – das ist das größte Pfund des Handels. Spielt der Handel dieses Pfund Ihrer Meinung nach auch aus?
Wir sind davon überzeugt, dass für den Handel Inspiration und Service künftig noch wichtiger werden. Das liegt auch an der zunehmenden Bedeutung von E-Commerce. Wer derzeit online Lebensmittel einkauft, sieht vor allem hinsichtlich der Auswahl und der Bequemlichkeit Vorteile. Aber: Unsere Zukunftsstudie „Wie is(s)t Deutschland 2030?“ zeigt, dass gleichzeitig auch die Ansprüche der Verbraucher steigen. Sie werden emanzipierter, anspruchsvoller, individueller, flexibler und weniger loyal sein. Die Verbraucher legen mehr Wert auf ihren individuellen Lebensstil und wollen diesen auch ausdrücken. Daraus ergeben sich viele Chancen für den Handel und Potenziale, die noch besser genutzt werden können: Etwa durch persönliche, individuelle Beratungsangebote und die Entwicklung hin zu einer Inspirations- und Impulsplattform. Diese Veränderungen machen auch eine neue Gestaltung der Verkaufsflächen notwendig. Die Präsentation der Produkte muss den Bedürfnissen und Vorstellungen des Kunden entsprechen und deren Lebensstil widerspiegeln. Die Kunden wollen künftig in Erlebniswelten einkaufen. In manchen Kategorien wie „Frische“ oder „Wein“ ist der Handel da ja auch schon auf einem guten Weg.

Sie zeigen als Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung. Was werden Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen der nächsten Jahre werden? Inwieweit ist der Handel dabei gefordert?
Aus Sicht von Nestlé gibt es mehrere zentrale Handlungsfelder:

Ein Handlungsfeld ist die Gestaltung von Wertschöpfungsketten. Die Stärkung der Lieferketten gegen die Folgen des Klimawandels ist dabei ein wichtiger Aspekt. Wir müssen unsere Partner stärken, damit sie hinsichtlich Qualität, Erträgen und auch ökologischer Nachhaltigkeit mit den steigenden Anforderungen Schritt halten können. Ein Beispiel, wie das gelingen kann, ist unser Engagement beim Tomatenanbau in Spanien für Maggi. Wir arbeiten in der Region Extremadura gemeinsam mit einem Netzwerk von Bauern und einer lokalen Umweltorganisation daran, wie wir Biodiversität im Anbau und sparsame Bewässerungsmethoden unterstützen können. Auch an den Verbesserungen der sozialen Bedingungen im Anbau arbeiten wir kontinuierlich weiter. Gemeinsame Ansätze mit dem Handel können hierzu beitragen. Ein Beispiel dafür ist das Forum Nachhaltiger Kakao. Hier stehen Handel, Industrie und Zivilgesellschaft im Dialog und arbeiten gemeinsam an Projekten, um die Bedingungen im Anbau zu verbessern.

Was ist für nachhaltige und sozial gerecht gestaltete Lieferketten erforderlich?
Dies erfordert Investitionen. Wir müssen im Handel einen klaren Platz für Produkte mit einem solchen Mehrwert finden. Wettbewerb darf sich nicht alleine auf den Preis und die Konditionen beziehen, sondern muss auch Qualität – aus unserer Sicht ist Nachhaltigkeit ein Teil davon – stärker in den Vordergrund stellen. Unsere Handelspartner sind hier auch auf einem guten Weg, den wir gemeinsam fortsetzen müssen.

Die Gesundheit und das Ernährungsverhalten der Verbraucher ist ein weiteres Handlungsfeld: Als Branche haben wir eine klare Verantwortung, die Verbraucher bei einem ausgewogenen Lebensstil zu unterstützen. Wir können als Unternehmen mit unseren Produkten hierzu beitragen – mit besseren Rezepturen und Nährwerten, Zubereitungshinweisen, gezielten Angeboten und klaren Informationen. Der Point of Sale bietet hier noch Potentiale die wir gemeinsam mit dem Handel nutzen können – etwa um den Verbrauchern die Qualität von Produkten näher zu bringen und ihnen bedürfnisgerechte Einkaufserlebnisse zu bieten.

Nestlé gilt als der größte Lebensmittelhersteller der Welt. Welche Unternehmenssparten wollen Sie in Zukunft noch ausbauen bzw. aufbauen?
Als breit aufgestellter Markenartikel-Hersteller liegt unsere Stärke in unserem qualitativ hochwertigen und umfassenden Produktportfolio. Wir investieren kontinuierlich in unsere starken Marken und Produkte, um Verbesserungen und damit Mehrwerte für die Verbraucher sowie alle Beteiligten entlang der Lieferkette zu erzielen. Heute umfasst unser Geschäft unter anderem Heißgetränke, Wasser, Eis- und Milchprodukte, Cerealien, Süßwaren, Kulinarik-Produkte, Produkte für Mütter und Babys, Tiernahrung und Hautpflege. 2011 erweiterte Nestlé ihre Führung in Ernährung, Gesundheit und Wohlbefinden durch die Gründung von Nestlé Health Science. Dort werden ernährungsbezogene Gesundheitsprodukte entwickelt, die beispielsweise auf eine optimale Hirngesundheit oder gesundes Altern abzielen. Der Bereich Health Science bietet vielfältiges Potenzial, um das Produktportfolio und die Forschungsaktivitäten an der Schnittstelle zwischen Ernährung und Medizin durch strategische Kooperationen und Investitionen künftig weiter auszubauen.

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