Die digitale Zielgruppe

Freitag, 01. Juni 2018
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Wer Lebensmittel im Internet kauft, hat Gründe dafür. Welche Bedürfnisse die entsprechende Zielgruppe hat und wie der Online-LEH darauf eingehen sollte. 

Mit einem Plus von 10,9 Prozent auf 58,47 Mrd. Euro ist 2017 der Brutto-Umsatz mit Waren im E-Commerce zweistellig gewachsen, das teilte der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel e.V. (bevh) mit. Dabei besonders erfolgreich seien die Multichannel-Händler gewesen, wobei wiederum Anbieter mit Herkunft aus dem stationären Einzelhandel laut bevh an dieser Entwicklung den grössten Anteil hatten. Sie hätten 2017 ein Plus von 26,2 Prozent erreicht. 

Um aber online die Zielgruppe richtig anzusprechen, muss der stationäre Handel einiges beachten. Dabei ist eines sicher: «Dass die Qualität der Lebensmittel stimmt und dass diese, wenn nötig, gut gekühlt ankommen, das setzen die Kunden voraus, dafür gibt es keine Extrapunkte», betont Prof. Dr. Marion Halfmann, Professorin für Marketing und marktorientiertes Management an der Hochschule Rhein-Waal. Laut Halfmann muss der Handel verstehen, was seine Zielgruppe in den Online-Kanälen erwartet, und dementsprechend auf sie eingehen. «Man denkt ja, dass es vor allem die Jüngeren sind, die sich für Online-Einkauf interessieren», sagt die Expertin. «Aber dem ist nicht so. Die höchste Online-Affinität haben die 40- bis 50-Jährigen und erst dann kommen die Millenials; gefolgt von der Generation 60 plus.» Die Wissenschaftlerin beruft sich auf eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young von 2017, aus der auch ersichtlich wird, dass Online-Einkäufer im Gegensatz zu den Kunden des stationären Handels ein überdurchschnittlich höheres Einkommen haben, also besonders kaufkräftig sind. 

Online-Kunden sind kaufkräftig

Auch ersichtlich aus der Studie werde, dass deutlich mehr Städter Lebensmittel im Internet kaufen als Verbraucher auf dem Land. «Sie sind eben einfach online-affiner und das wirkt sich auch auf ihr Kaufverhalten aus», so Halfmann. Auch erkennt sie, dass das Online-Verhalten der Verbraucher branchenübergreifend ein anderes ist als das im Markt vor Ort: So mache es für den stationären Handel durchaus Sinn, eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen, so dass sich die Kunden lange am Point of Sale aufhalten. «Hier bieten sich etwa Probiertheken an, die den LEH natürlich relativ viel Geld kosten», gibt Halfmann ein Beispiel. Solche Benefits spielten online gar keine Rolle. «Online-Shopper sind sehr viel zielgerichteter unterwegs. Sie wissen, was sie wollen.»  

Um zu verstehen, welche unterschiedlichen Erwartungen die Zielgruppen an ein Online-Angebot des LEH haben, lohnt es sich laut Halfmann, auf das Alter zu schauen. Jüngere etwa gingen häufig dann ins Internet, wenn sie Produkte suchten, die es im stationären Handel nicht oder nur schwer zu finden gebt: „Das können etwa interessante Produkte fürs Grillen sein», erläutert die Expertin, «und besondere Lebensmittel im Allgemeinen – leicht exotische Produkte mit Zusatznutzen.» Für viele Online-Kunden wiederum sei der Lieferservice besonders wichtig. «Für die 40- bis 50-Jährigen ist er ein attraktives Angebot, weil sie beruflich eingespannt sind und oft an Zeitmangel leiden. Für die Generation 60 plus ist zunehmende Immobilität der Grund.» 

Dabei betont Halfmann, dass zwar die jungen, sozusagen die Einsteiger, oft noch die unwichtigere Zielgruppe für den Online-LEH sind: «Sie sind eher arm und geben weniger Geld aus, weil sie in einem Singlehaushalt leben, aber sie sind die potenziell wichtige Zielgruppe von morgen – die der zeitarmen 40- bis 50-Jährigen, die Kinder haben, und sehr viel aus Bequemlichkeit im Internet einkaufen.»

Originelle Lebensmittel gefragt

Gerade für die zeitarme Zielgruppe ist es dann nach Angaben der Wissenschaftlerin auch wichtig, dass die Lieferung schnell und einfach vonstattengeht und auch die Zahlmethoden sollten schnell und einfach zu handhaben sein. «Für diesen Service ist diese Zielgruppe definitiv bereit, ein wenig mehr zu zahlen“, betont Halfmann. 

Aus einem anderen Grund legen die Älteren Wert auf unkomplizierte Zahlungsmethoden. «Sie sind mitunter unsicher mit der Technik», erklärt Halfmann. Zudem sei es wichtig, dass der Online-LEH die Produkte parat habe, die eine ältere Zielgruppe besonders häufig nachfrage. Zusammenfassend sagt Halfmann: Für das, was der jeweiligen Zielgruppe besonders wichtig ist, ist sie auch bereit, etwas mehr zu zahlen. 

All diese unterschiedlichen Bedürfnisse führen nach Angaben der Wissenschaftlerin dazu, dass der Online-Lebensmittelmarkt stark fragmentiert ist. Etwa hätten verschiedene spezielle Online-Weinhändler oder Online-Händler für Nahrungsergänzungsmittel einen festen Kundenkreis. «Den grössten Anteil hat aber nach wie vor Amazon, was auch daran liegt, dass die Verbraucher Amazon vertrauen. Den Online-Händler kennen sie schon lange und wissen, dass Lieferung und der Umgang mit Retouren gut funktionieren.»

Sichtbarkeit im Internet  

Wer also eine Position am Online-Markt einnehmen will, dem rät Halfmann dazu, die genannten Servicefunktionen und Zahlmethoden zu bieten. «Etwa sind ein garantierter Lieferzeitpunkt wichtig und gleichzeitige Flexibilität, so dass ein Händler auch bereit ist, spontan an den Nachbarn des Kunden zu liefern.» Ebenfalls sei ausschlaggebend, Stichwort Amazon, wie mit Beschwerden und Retouren umgegangen werde. 

Doch noch ein anderes Kriterium ist, so Halfmann, wichtig – noch bevor ein potenzieller Kunde überhaupt zum Kunden werden kann: Man muss als Online-Händler erst einmal gefunden werden. «Wenn ein User nicht sofort die Website von Amazon anwählt, wird er eine Suchmaschine, vermutlich Google, nutzen, um ein Produkt zu finden. Deshalb sollte ein Anbieter im Internet unbedingt auf Suchmaschinenoptimierung setzen und Suchmaschinenwerbung schalten.» (siehe Infokasten)

News

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Vom 24. bis 25. April findet das 125. Markant Handelsforum statt. Zu erwarten sind neben zeitaktuellen Vorträgen und Innovationen für den POS auch ein praxisnaher Austausch.

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Tegut hat das Jahr 2023 mit einem Nettoumsatz von 1,28 Milliarden Euro abgeschlossen und damit das Ergebnis des Vorjahres um 2,44 Prozent übertroffen.

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Nach einem Einbruch zu Jahresbeginn stabilisiert sich die Konsumstimmung in Deutschland jetzt wieder.

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In Österreich können biologische Lebensmittel trotz allgemeiner Teuerungen auf treue Verbraucher zählen.

Serie

Seine Zielgruppen zu kennen bedeutet, Ansprache und Angebot optimal auf sie ausrichten zu können. Mit der Beleuchtung der Online-Zielgruppen kommen wir zum Schluss der Serie:

12/17-01/18 Die Zielgruppen im Überblick 
02/18 Zielgruppen nach psychografischen Merkmalen 
03/18 Zielgruppen nach demografischen Merkmalen 
04/18 Die Shoppertypen 
05/18 Wie der LEH relevante Zielgruppen erkennt 
06/18 Wie sich die Zielgruppen von Online- und stationären Angeboten unterscheiden

 

Statement

Adrian Sievering, Leiter des Bereichs Search Engine Advertising bei der Online Marketing Solutions AG zur richtigen Online-Vermarktung

Der LEH steht zunehmend im Wettbewerb mit Online-Verkaufsplattformen grosser Handelsgruppen und Internet-Konzerne. Jüngst beantworteten 9,1 Prozent der Teilnehmer eine Umfrage mit «Ja», ob Sie in naher Zukunft den Kauf frischer Lebensmittel online ausprobieren würden. Das grösste Interesse zeigt dabei mit 33 Prozent die Altersgruppe 25 bis 44 Jahre. 

Die technischen Anforderungen an Werbetreibende, ihr Artikelsortiment online sichtbar und verfügbar zu machen, stellen viele Unternehmen vor Herausforderungen. Dieses Problem haben die grossen Internetkonzerne erkannt. Besonders innovativ im Bereich Online Werbelösungen für den LEH zeigt sich in den letzten Monaten Google mit seiner Plattform AdWords. Seit kurzem ist es für LEH-Geschäfte auch ohne eigenen Online-Shop möglich, die im Ladengeschäft vorgehaltenen Produkte online zu bewerben. Die sogenannten «Anzeigen mit lokaler Produktverfügbarkeit» verbinden alle Vorteile wie Bilder, Produktpreise und Kosten nur nach Klick mit zusätzlichen Informationen wie Entfernung zum Ladengeschäft in Kilometern und der Darstellung des Unternehmens direkt in Google Maps. Voraussetzung ist lediglich die Bereitstellung eines lokal verfügbaren Artikelstamms.

Für die neuen Anzeigentypen gibt es sehr viel Zuspruch bei Nutzern der Google Suchmaschine, denn die Vorteile des LEH – fairer Preis, schnelle Verfügbarkeit und grosses Sortiment – werden optimal hervorgehoben.

www.omsag.de