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Der Schweizer Detailhandel hat ein weiteres schwieriges Jahr hinter sich. Die Ökonomen der Credit Suisse erwarten jetzt aber, dass sich die Lage 2017 entspannen wird. Allerdings wächst der Druck des Online-Handels.
Schere wird größer zwischen Food und Nonfood
Erste Anzeichen für eine leichte Verbesserung zeigten sich bereits 2016, wie der Marktmonitor der GfK Schweiz feststellt. Büßte der Schweizer Detailhandel 2015 noch 1,9 Prozent Umsatz ein, fiel der Rückgang 2016 mit minus 0,8 Prozent deutlich moderater aus. In vier Monaten – Februar, April, August und November 2016 – konnte sogar ein Plus erreicht werden.Die Unterschiede zwischen dem Lebensmittelhandel und dem Nonfood-Handel sind weiterhin augenscheinlich. Während der Lebensmittelhandel 2016 ein kleines Plus (0,1 %) erzielte, büßte der Nonfood-Handel 2,3 Prozent ein. Diese Schere hat sich weiter geöffnet, nachdem vor allem der Umsatz mit Mode, Textilien und Schuhen zurückging. Es gibt aber auch positive Ausnahmen im Nonfood-Handel – etwa den DIY-Handel. Beflügelt vom schönen Sommer, legten die realen Umsätze der DIY-Händler 2016 um rund 1,8 Prozent zu. Und: Abgekoppelt vom stationären Handel konnte der Schweizer Distanzhandel (Online- und Versand) 2016 weiter stark wachsen (s. Infokasten).
Kooperationen zwischen Online- und stationären Händlern
Ein für die Schweiz brisantes Thema ist der Einkaufstourismus, der auch 2016 trotz des mehrheitlich stabilen Franken/Euro-Kurses nicht zurückging. Erneut floss rund jeder zehnte von Schweizer Konsumenten ausgegebene Franken in die Kassen ausländischer – vor allem deutscher – Detailhändler. Immerhin zeichnete sich zuletzt eine Stabilisierung ab. Verschiedene Indikatoren deuten sogar auf einen leichten Rückgang des stationären Einkaufstourismus hin, doch im Online-Bereich dürfte der grenzüberschreitende Konsum nach Einschätzung der Credit Suisse weiter gewachsen sein. Aber nicht nur der grenzüberschreitende Online-Handel legte 2016 zu, auch die Schweizer E-Commerce-Anbieter haben erneut Marktanteile gewonnen. Angebotsseitig lancierten 2016 verschiedene Detailhändler ihre Online-Shops oder verfeinerten bestehende.
Es fanden auch Kooperationen zwischen puren Online-Händlern und stationären Anbietern statt, und branchenfremde, aber hochdigitalisierte Großunternehmen traten neu in den Markt ein. „Diese Trends dürften dem Online-Handel auch zukünftig zu einem starken Wachstum verhelfen“, prognostizieren die Autoren des „Retail Outlook“. Die strukturellen Entwicklungen im Handel hatten bereits in den vergangenen Jahren einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Ladenmieten. Nach Einschätzung der befragten Händler sind die Mietpreise der Verkaufsflächen zwischen 2014 und 2016 ausserhalb von Städten am meisten unter Druck geraten, in schlecht erschlossenen ländlichen Regionen um bis zu fünf Prozent. Stabil entwickelten sich einzig gut frequentierte Mietobjekte in der City sowie hervorragend erschlossene Verkaufsflächen in der Peripherie. Auch in den Shoppingcentern haben sich die Preise nach Angabe der Befragten unabhängig von der jeweiligen Centergrösse fast durchweg negativ entwickelt.
Leicht höheres Umsatzplus für Food-Handel erwartet
Im Gegensatz zum boomenden Online-Geschäft geht die Credit Suisse für den Schweizer Einzelhandel 2017 von einer Stagnation der Umsätze aus – was nach den schwachen Vorjahren aber einer Stabilisierung gleichkommt. „Für eine dynamischere Erholung fehlen nach unserer Einschätzung deutliche Wachstumsimpulse aus der Gesamtwirtschaft“, heißt es. Da 2017 die Inflation in die Schweiz zurückkehren dürfte, wird die Konsumkaufkraft trotz geringfügiger Nominallohnerhöhungen kaum zunehmen.
Immerhin: Die Schweizer Wirtschaft dürfte 2017 um 1,5 Prozent wachsen, der Privatkonsum um ein Prozent. Der Einkaufstourismus wird sich voraussichtlich auf ähnlichem Niveau bewegen wie 2016. Für die Food- und Near-Food-Detailhändler sind die Aussichten der CS-Experten optimistischer: „Wir erwarten für den Food- und Near-Food-Handel 2017 ein leicht höheres Umsatzplus, und im Nonfood-Segment wird sich der Rückgang voraussichtlich abschwächen.“ Die Schweizer Detailhändler selbst sind ebenfalls optimistisch bei ihren Umsatz-und Gewinnerwartungen: 61 Prozent aller Händler planen für 2017 mit wachsenden Umsätzen, 44 Prozent mit höheren Gewinnen. Der Schweizer Detailhandel zeigt sich trotz aller Herausforderungen überaus selbstbewusst. Die Mehrheit der Top-Entscheidungsträger ist laut Umfrage der Meinung, dass man seinen direkten Mitbewerbern „eine Nasenlänge“ voraus sei.